Märchen von gefährlichen Clowns: Die meisten Horror-Meldungen sind gefälscht

Trier · Die Meldungen über angebliche Horrorclowns verbreiten sich derzeit rasend. Oft handelt es sich jedoch um Falschmeldungen. Die Polizei warnt die Urheber dieser Nachrichten ebenso wie Träger der Gruselmasken.

Trier. Ignorieren. Das war bislang die Devise unserer Zeitung beim Thema Horrorclowns. Nicht jede angebliche Sichtung eines dieser unlustigen Gesellen soll vermeldet werden, um nicht noch mehr Verwirrte auf die Idee zu bringen, entsprechende Falschmeldungen zu verbreiten oder sich selbst eine entsprechende Maske, die derzeit zuhauf in den Halloween-Abteilungen der Kaufhäuser angeboten werden, aufzusetzen."Abstoßendes Phänomen"


Doch irgendwie kommt man dieser Tage an dem Thema nicht vorbei. Selbst der rheinland-pfälzische Innenminister Roger Lewentz (SPD) hat sich zu dem Thema geäußert. Er spricht von einem "abstoßenden Phänomen" und von "Spinnern", die "die öffentliche Aufmerksamkeit" suchten. Fast täglich melden die Polizeidienststellen im Land, dass Gruselclowns Passanten erschreckt haben. Oder dass mal wieder über soziale Netzwerke wie Facebook, Snapchat oder Twitter die Sichtung eines solchen gemeldet worden ist und die herbeigeeilten Polizisten aber keine Gruselgestalt angetroffen haben. Das Landeskriminalamt (LKA) Rheinland-Pfalz spricht davon, dass es sich bei den verbreiteten Meldungen vorrangig um Falschmeldungen handelt.
Die Verbreitung solcher Falschmeldungen ist mittlerweile vergleichsweise einfach. Im Internet gibt es Seiten, die dazu aufrufen. "Erfinde deine eigenen Fake-News und lege alle deine Freunde rein", heißt es zum Beispiel auf einer Seite von einer Firma aus dem belgischen Eupen. Fake-News bedeutet Falschnachrichten. "Du kannst deine erfundenen Nachrichten auf Facebook und anderen sozialen Netzwerken teilen", heißt es weiter auf der Seite. Laut der privaten Initiative Mimikama, die über Internetmissbrauch und über soziale Netzwerke verbreitete Falschmeldungen aufklärt, wird "ein Großteil der aktuellen Clown-Warnungen" über die Seite des Eupener Unternehmens verbreitet. Eine Anfrage unserer Zeitung an die Firma blieb gestern unbeantwortet.
Warum aber verbreiten Menschen überhaupt Falschmeldungen? Und warum fallen so viele darauf rein? "Das hängt vermutlich damit zusammen, dass das Vertrauen in die etablierten Medien insgesamt abgenommen hat", sagt der Trierer Medienwissenschaftler Klaus Arnold. Die Bereitschaft solche Meldungen zu glauben, sei dann relativ hoch, "wenn es einem als plausibel erscheint, dass es so ist". Als Beispiel nennt Arnold gefälschte Meldungen über kriminelle und Frauen belästigende Flüchtlinge. Oder eben über umhergeisternde Clowns. "Hinzukommt, dass die Gruselclowns in den USA schon seit längerer Zeit zu beobachten waren, dass also nicht alles erfunden sein kann", sagt der Medienwissenschaftler. Die zunehmende Dominanz des Internets führe dazu, dass das Netz für immer breitere Bevölkerungsgruppen "die Informationsquelle Nummer eins ist und es seit der allgemeinen Verbreitung der Smartphones auch jederzeit erreichbar ist". Arnold: "Im Netz stößt man auf so viele, sich oft widersprechende Informationen und Meinungen, dass viele Menschen alles für gleich plausibel und gleich wahr halten oder nicht mehr differenzieren, von wem eine Information stammt."
Die rheinland-pfälzische Polizei empfiehlt, mögliche Fake-Meldungen und -Videos nicht in sozialen Netzen zu teilen, "da dies zu einer weiteren Verunsicherung führt und weder der Bevölkerung noch der Polizei hilft". Die Verbreitung solcher Falschmeldungen ist allerdings nicht strafbar. Wird dadurch allerdings ein Polizeieinsatz ausgelöst, könnte es für den Urheber der Nachricht teuer werden. Die rheinland-pfälzische Polizei warnt: "Wer absichtlich und grundlos einen Polizeieinsatz auslöst, muss die Kosten dafür übernehmen. Es gibt dabei keine finanzielle Obergrenze." Je nachdem, wie viele Beamte und Fahrzeuge eingesetzt würden, komme sehr schnell ein Betrag zusammen, "den derjenige dann ein ganzes Leben lang abbezahlen muss".Extra

Der Polizei in Rheinland-Pfalz ist derzeit nicht zum Lachen. Fast 40 Mal wurden ihr bislang angebliche Horror-Clowns gemeldet. Nun geht sie in die Offensive. Per Facebook warnt sie: "Löst Ihr mutwillig durch Eure Verkleidung oder Euer Verhalten einen Polizeieinsatz aus, so können Euch die Kosten für den Einsatz dafür auferlegt werden. Das kann für Euch bedeuten, eine Rechnung von mehreren Hundert oder tausend Euro bezahlen zu müssen." Zwar sei das reine Tragen eines Clownkostüms nicht strafbar. Würden jedoch damit gezielt Menschen erschreckt, verletzt oder bedroht, könne das Straftaten darstellen. Die "Clowns" könnten je nach Tat bestraft werden wegen Körperverletzung, etwa durch heftiges Erschrecken (Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe), gefährlicher Körperverletzung (Freiheitsstrafe bis zu zehn Jahren), fahrlässiger Körperverletzung (Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe), Nötigung (Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe), Bedrohung etwa mit einem waffenähnlichen Gegenstand (Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe). wie

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