Maut könnte Tourismus Millionen kosten

Berlin · Tourismusexperten befürchten enorme Auswirkungen in Deutschland durch die geplante PKW-Maut. Die Grünen haben eine entsprechende Studie in Auftrag gegeben. Ergebnis: Die Maut könnte zu einem Verlustgeschäft für die deutsche Tourismusbranche werden.

Berlin. Wird die PKW-Maut zum großen Minus-Geschäft für den Tourismus in Deutschland? Ja, sagen die Grünen. Legt man ein von ihnen in Auftrag gegebenes Gutachten zugrunde, könnten die Mautpläne von Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) Verluste von bis zu 500 Millionen Euro bedeuten. Und das bei Einnahmen von rund 600 Millionen Euro, die sich Dobrindt durch die Maut erhofft.
Das Kieler Institut für Tourismus- und Bäderforschung (NIT) hat für die Grünen-Bundestagsfraktion die statistischen Erhebungen zu den Tourismusströmen nach Deutschland analysiert. Aus Dänemark, Polen, Tschechien, Österreich, Schweiz, Frankreich, Belgien, den Niederlanden und Luxemburg. Im Jahr 2012 gab es demnach insgesamt 9,6 Millionen PKW-Urlaubsreisen aus den Nachbarländern in die Bundesrepublik. Dabei seien rund 2,7 Milliarden Euro ausgegeben worden - im Durchschnitt also 284 Euro pro Reise. Wenn zehn Prozent der Fahrten wegfielen, heißt es in dem unserer Zeitung vorliegenden Gutachten, beliefen sich die Verluste für den deutschen Tourismusstandort auf rund 273 Millionen Euro. Bei fünf Prozent betrage das Minus 136 Millionen Euro und bei einem Prozent rund 27 Millionen Euro.
Fakt ist: Das Wehklagen in den Grenz- und Tourismusregionen über die PKW-Maut für ausländische Autofahrer und die Ausweitung auf alle Straßen ist groß. Manche Bürgermeister oder Landräte rechnen mit zweistelligen Einbußen. "Zehn bis 30 Prozent der nach Deutschland kommenden Touristen werden nach Schätzung von Experten durch die Einführung der PKW-Maut zukünftig wegbleiben", so der tourismuspolitische Sprecher der Grünen, Markus Tressel. Unter Verweis auf das Gutachten betont er: "Hier geht es dann schnell um 500 Millionen Euro, die Niederländer, Franzosen oder Österreicher weniger in Deutschland ausgeben." Die Maut werde dadurch "endgültig zu einem dicken Minus-Geschäft. Was an Einnahmen reinkommt, bricht erdrutschartig an anderer Stelle wieder weg". Hinzu kämen noch Ausfälle aus den Grenzgebieten, wenn Tagesreisen ausblieben. "Dies wurde bei unserer Erhebung noch gar nicht berücksichtigt."
Das Verkehrsministerium will noch in diesem Monat den Gesetzentwurf zur Maut präsentieren. Dann weiß man genau, inwieweit Minister Dobrindt auf die Kritik an seinen Plänen eingegangen ist. Kompromissbereitschaft hatten sowohl er als auch CSU-Chef Horst Seehofer in den letzten Wochen signalisiert. Im Gespräch ist, dass Landstraßen bei der Mautpflicht wieder ausgenommen werden sollen. Dennoch: Nach Ansicht der Grünen bleibt die Maut wegen eines "irren Bürokratieaufwands, kaum zu überwindenden europarechtlichen Bedenken und wegbrechenden Tourismus- und Steuereinnahmen ein politisches Himmelfahrtskommando", so der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Oliver Krischer.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort