Mentaltraining für die nächste Krise

Berlin · Zum ersten Mal seit ihrer Bildung vor fast einem Jahr haben sich die Spitzen der Koalition aus CDU/CSU und SPD am Dienstag in einem größeren Kreis getroffen. Das Treffen des Koalitionsausschusses war jedoch kein Zeichen für eine interne Krise - vielmehr ging es darum, sich besser auf die wachsenden äußeren Krisen einzustellen. Inklusive einer Konjunktur-Eintrübung.

Berlin. Sechs Partei- und Fraktionsvorsitzende, drei Parlamentsgeschäftsführer, drei Generalsekretäre und fünf weitere Minister hatten sich im Kanzleramt versammelt. Es gab nur einen Beschluss, und der fiel vor dem Treffen: nämlich dass künftig Wartezeiten von bis zu 18 Monaten verordnet werden können, wenn Regierungsmitglieder, auch Staatssekretäre, in die Wirtschaft gehen und ihre neue Tätigkeit mit der alten eine zu große Interessenüberschneidung ausweist.
Bei dem Treffen selbst gab es, so ein Teilnehmer, "einen offenen und ausführlichen Informationsaustausch". Denn wie bei jeder Regierung sind die Akteure nach Amtsübernahme bald so beschäftigt mit Reisen und Konferenzen, dass sie kaum noch Zeit haben, direkt miteinander zu reden. In Krisenzeiten gilt das besonders.
Der Verlauf des Abends blieb vertraulich. Doch ließen sich aus Schilderungen Schwerpunkte erkennen: Zum einen die außenpolitische Lage, inklusive des Zustandes der Bundeswehr.
Hier berichteten Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) und Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU). Es habe eine ausführliche Diskussion gegeben, aber über konkrete Einsätze, zum Beispiel eine gemeinsame deutsch-französische Mission in der Ukraine, wurde nicht gesprochen. Auch Vorwürfe gegen von der Leyen gab es nicht.Keine scharfen Töne von der SPD


Die Ministerin dementierte, dass sie ihr Versprechen, freiwillige Ebola-Helfer im Erkrankungsfall auszufliegen, nicht halten könne. Vielmehr würden die entsprechenden Maschinen mit Isolierbereichen ausgestattet und seien Mitte November fertig. Die zuvor geäußerten scharfen Töne der SPD gegen die Ministerin unterblieben. Stattdessen gab es mäßigende Aussagen wie die der Parlamentsgeschäftsführerin Christine Lambrecht: "Für die aktuelle Situation der Bundeswehr kann Frau von der Leyen nichts, sie ist erst zehn Monate im Amt. Aber für die Zukunft ist sie verantwortlich."
Lange redete man über die konjunkturelle Lage, wo Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) und Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) das Wort führten. Die Botschaft: Die Konjunktur schwächt sich ab, die 1,8 Prozent Wachstumsprognose sind nicht zu halten. Aber das Ziel eines Haushaltes ohne neue Schulden im Jahr 2015 soll unbedingt erreicht werden. Gleichzeitig sollen "Impulse für mehr private Investitionen" gesetzt und "Planbarkeit und Sicherheit" geboten werden. Wie, das blieb offen. Klar ist, dass die digitale Agenda eine zentrale Rolle spielt. Klar ist ebenso, dass Deutschland es ablehnt, den Euro-Rettungsschirm ESM für europäische Konjunkturprogramme zu benutzten, wie es EU-Kommmissionspräsident Jean-Claude Juncker vorschwebt. Darüber bestand zwischen CDU und SPD Einigkeit.
Die Debatte über das Thema Energiewende wurde von Teilnehmern vornehm als "engagierter Austausch" umschrieben, es ging etwas lauter zu.
CSU-Chef Horst Seehofer wiederholte seine Bedenken gegen die neuen Stromtrassen, die Wirtschaftsminister Gabriel für notwendig hält. Seehofer verlangte Nachweise, dass die Leitungen wirklich gebraucht werden, um Windstrom in den Süden zu transportieren, und dass es keine Alternativen gibt, etwa lokale Gaskraftwerke. Heute, bei einem gesonderten Spitzentreffen, sollen er und seine Wirtschaftsministerin Ilse Aigner sie von Gabriel bekommen.

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