Obama sagt IS-Miliz vernichtenden Kampf an

Washington · Lange Zeit wurde Barack Obamas zaghafte Haltung kritisiert, nun vollzieht der US-Präsident einen Kurswechsel. Mit Verbündeten kündigt er einen langen und systematischen Kampf gegen die Terrormiliz IS an.

Washington. Es ist ein heikler Balanceakt, den Barack Obama zur besten Sendezeit zu absolvieren hat im flaggengeschmückten State Floor, dem Empfangskorridor des Weißen Hauses. Ein verbaler Hochseilakt über 14 Minuten. Einerseits will er Härte demonstrieren im Ringen mit dem Islamischen Staat (IS), nachdem die Enthauptung zweier Reporter die amerikanische Öffentlichkeit wachgerüttelt hat und den Ruf nach Vergeltung laut werden ließ.Abschreckender Irak-Feldzug


Andererseits versucht er klarzustellen, dass er nicht daran denkt, George W. Bushs desaströsen Feldzug im Irak zu wiederholen. Er muss ein Image pflegen, dem er einst seinen Aufstieg verdankte, die Reputation des Anti-Bush, und zugleich einer Militäraktion das Wort reden, gegen die er sich selber lange sträubte.
Die Vereinigten Staaten, verspricht Obama, werden eine breite Koalition zimmern, um die IS-Rebellen "zu schwächen und letztlich zu zerstören". "Wir werden die Terroristen zur Strecke bringen, wo immer sie sind", sagt er und skizziert das Szenario einer Eskalation. "Dies ist ein Grundprinzip meiner Präsidentschaft: Wer Amerika bedroht, wird keinen sicheren Hafen finden." Daher werde er nicht zögern, IS im Irak anzugreifen - und auch in seinen syrischen Hochburgen. Damit deutlich wird, dass den Worten Taten folgen, kündigt der Commander-in-Chief an, 475 zusätzliche Militärberater nach Bagdad und Erbil zu entsenden, Ausbilder, die sowohl die irakische Armee als auch die kurdischen Peschmerga anleiten sollen. Damit sind, knapp drei Jahre nach dem Totalabzug, bereits wieder 1600 US-Militärs im Zweistromland stationiert.
Heraufziehende Ängste daheim, dies könnte den Beginn einer gefährlichen Rutschpartie mitten hinein in den Konfliktsumpf bedeuten, ähnlich wie Anfang der 1960er Jahre in Vietnam, versucht Obama zu zerstreuen.Verbale Beruhigungspillen


Und zwar durch ein paar verbale Beruhigungspillen: Die Berater hätten keinen Kampfauftrag, betont er, "wir lassen uns nicht hineinziehen in einen neuen Bodenkrieg im Irak". Im Moment, skizziert Obama die Lage, bedrohe IS zwar nur den Nahen Osten. Lasse man die Miliz indes gewähren, könnte sie zu einer Gefahr über die Region hinaus wachsen, zu einer direkten Gefahr auch für die Vereinigten Staaten.
Als er über den Bürgerkrieg in Syrien spricht, vollzieht der bislang so zurückhaltende Stratege einen Schwenk, der zu plötzlich kommt, um glaubwürdig zu wirken. Eher kommt er wie die Wende eines Getriebenen daher, der sich einer Stimmungswoge anpasst, statt sich gegen sie zu stemmen. Seit IS-Barbaren in der syrischen Wüste den Journalisten James Foley und Steven Sotloff die Köpfe abschnitten, hat sich das Meinungsbild dramatisch geändert. Nach aktuellen Umfragen plädieren 61 Prozent der Amerikaner für Luftschläge auch in Syrien. Obama schließt eine stille Kooperation mit Damaskus, um die Terrormiliz als gemeinsamen Feind zurückzudrängen, aus. Assads Regime werde die Legitimität, die es verlor, niemals wiedererlangen. Amerika müsse die gemäßigte Opposition stärken; sie sei das beste Gegengewicht zu den Extremisten.Gespaltenes Echo


Im Kongress ist das Echo auf Obamas Rede geteilt, erwartungsgemäß entlang der Trennlinie zwischen Falken und Tauben. John McCain, der republikanische Hardliner, spricht von einem "völlig unzureichenden" Plan gegen die größte und reichste Terroristenarmee der Welt. Mark Udall, ein demokratischer Senator aus Colorado, verweist auf die Risiken: Das Parlament dürfe dem Oval Office auf keinen Fall einen Blankoscheck ausstellen, sonst werde das Land vielleicht doch noch zurückgerissen in den Strudel eines Bodenkriegs im Irak. Und Mark Begich, Udalls Parteifreund aus Alaska, wiederholt Obamas Argumente von früher. Es sei falsch, der syrischen Opposition Waffen zu liefern, denn letztlich drohe das Kriegsgerät in den Händen von Extremisten zu landen.

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