Passagiere reagieren gelassen auf Evakuierung am Frankfurter Flughafen - „Wahnsinnsruhe“

Frankfurt/Main · Deutschlands größter Flughafen hat schon viel erlebt. Doch die Evakuierung einer kompletten Flughalle kommt auch nicht alle Tage vor.

(dpa) - Gespenstische Stille in der Abflughalle A - und das zur besten Reisezeit. Kein Passagier weit und breit, stattdessen durchsuchen schwerbewaffnete Polizisten die Gänge. Grund des Ausnahmezustands: Eine Frau ist an der Sicherheitsschleuse einfach weitergegangen, ohne dass die Kontrolle beendet war. Was führt sie im Schilde?

Die Polizei reagiert auf den Zwischenfall gegen 9.00 Uhr mit einem Großalarm. Binnen kurzer Zeit muss die vor allem von der Lufthansa genutzte Halle vorsorglich komplett geräumt werden. Dabei spielen sich Szenen ab, wie sie selbst an Deutschlands größtem Flughafen, an dem Gewusel und Gedränge zum Alltag gehören, nur ganz selten zu erleben sind. Eine unübersehbare Menge quillt aus den zahlreichen Gängen hervor, staut sich in der riesigen Halle und wälzt sich schließlich den Ausgängen entgegen. Was auffällt: Die Menschen reagieren besonnen, eine Panik bleibt aus.

Die Polizei nutzt derweil die Räumung für ihre Fahndung nach der verdächtigen Frau. Und hat schnell Erfolg: Die Verdächtige wird festgehalten - von einer Festnahme ist zunächst keine Rede - sie wird ausführlich befragt.

Die meisten Passagiere haben trotz der Unannehmlichkeiten, die eine Evakuierung naturgemäß mit sich bringt, Verständnis für das Vorgehen der Polizei und des Flughafenbetreibers Fraport. Sicherheit geht vor.

„Wir lesen doch jeden Tag, dass irgendwo was ist. Also lieber ein wenig vorsichtig sein“, sagt Passagier Knut Freydank. Damit spricht er wohl vielen aus der Seele.

Aber auch Kritik ist vereinzelt zu hören. „Es gibt keine Informationen, und die Durchsagen sind in der Regel nicht zu verstehen“, beschwert sich Roman Bienen. „Keiner weiß, wie lange das dauert, und keiner sagt was. Die Fraport verweist auf die Polizei - und die Polizei sagt nichts.“ Ein „Trauerspiel der Polizei“ sei das.

Die Evakuierung hat nach Ansicht von Passagier Peter Schröder zu lange gedauert. „Ich möchte nicht wissen, was los ist, wenn wirklich mal was passiert. Eine Informationspolitik war zunächst nicht vorhanden.“ Und noch etwas fiel ihm auf: „Die Mitarbeiter in den Geschäften in Halle A waren schneller raus als die Passagiere.“

Der frühere rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck (SPD), der zur Schar der Gestrandeten gehört, bricht dagegen eine Lanze fürs Personal am Airport. „Das ist natürlich nicht schön, wenn man jetzt so überrascht wird. Aber hier ist große Gelassenheit. Die Beschäftigten des Flughafens und der Polizei machen einen guten Job.“

Gelassenheit - das scheint das Motto zu sein: Auf dem sonnigen Asphalt vor dem Terminal versuchen die aus dem klimatisierten Gebäude verbannten Flugreisenden, sich so gut wie möglich einzurichten. Man weiß ja nie, wie lange so etwas dauert. So wird der Koffer zur Rückenlehne oder zum Hocker, und die über den Kopf gehängte Jacke wird zum Schattenspender. Schon nach rund drei Stunden geht der Spuk allmählich vorüber: Die Absperrbänder werden entfernt, die ersten Passagiere dürfen wieder in die Halle zurück.

Der Flug in den Urlaub kann mit einiger Verspätung beginnen - oder das Zittern, ob nun überhaupt alles wie geplant noch möglich ist. „Für uns ist es noch nicht vorbei, wir wissen nicht, wann wir nach Helsinki kommen“, sagt eine 58-Jährige. „Wir haben nur fünf Tage und hatten ein Auto gebucht. Ich muss auch im Hotel anrufen, weiß aber noch nicht, was ich sagen kann.“ Ihr zwei Jahre älterer Mann ist aber zunächst einmal einfach „froh, dass nix passiert ist.“ Und: „Hier am Flughafen ist trotz allem doch eine Wahnsinnsruhe.“

Ist es die Ruhe vor dem Sturm? Das könnte zumindest für den Frankfurter Zoodirektor Manfred Niekisch zutreffen, der auf dem Weg nach Hawaii ist. Dort will er an der Weltnaturschutzkonferenz teilnehmen. Und steht nach der ganzen Aufregung vor dem Abflug womöglich vor der nächsten Herausforderung: Ein Hurrikan rast auf die Inselgruppe zu.

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