Pflegepersonal händeringend gesucht

Trier · Krankenhäuser, Altenheime, Sozialstationen, Pflegedienste: Sie alle suchen in der Region Trier händeringend nach qualifiziertem Personal. Und die Situation wird sich mit der demografischen Entwicklung deutlich verschärfen.

Trier. Die Stellenanzeige auf der Homepage der ökumenischen Sozialstation Trier ist eine Dauereinrichtung. "Zum nächstmöglichen Zeitpunkt" sucht man dort Pflegepersonal für alle Bereiche. Die Resonanz ist mager. Kürzlich hat man es sogar per Zeitungsanzeige versucht. Auch da: kaum Rücklauf. Und wenn, dann von Bewerbern, die, wie es die Leiterin Susanne Höllen formuliert, "oft keinerlei Verständnis für die Herausforderungen des Pflegeberufs haben".
Ende der Fahnenstange


Die Erfahrungsberichte aus anderen Einrichtungen klingen fast wortgleich. Um die wenigen qualifizierten Kräfte bestehe "ein ziemlich harter Konkurrenzkampf", sagt Höllen, "und da haben ambulante Dienste oft die schlechteren Karten". Ausgeglichen werden die Personallücken meist durch Mehrarbeit der vorhandenen Mitarbeiter. Aber auch bei den großen stationären Einrichtungen redet man längst vom Ende der Fahnenstange.
Der bundesweite Mangel an Pflegekräften ist in der Region Trier noch einmal stärker ausgeprägt als anderswo - die solventen Nachbarn aus Luxemburg locken vor allem Krankenpfleger, deren Qualifikation im Nachbarland problemlos und unbürokratisch anerkannt wird. Aber Experten wie Thomas Mares von der Trierer Agentur für Arbeit sehen auch Probleme bei der Ausbildung als Ursache für die Personallücke, die sich angesichts massiv wachsenden Bedarfs in Bereichen wie Demenz- und Alterspflege noch erheblich verstärken dürfte.
Es gebe in vielen Einrichtungen zu wenig geeignete Ausbilder, viele Träger scheuten die hohen Investitionskosten in der Fach-ausbildung, und die wenigen Pflegeschulen seien kaum in der Lage, ihr Angebot deutlich auszuweiten: So beschreibt Mares die zentralen Probleme.
Dazu komme "die hohe psychische Belastung durch die Arbeit und die starke körperliche Beanspruchung". Nicht jeder sei für einen Pflegeberuf geeignet. Ein "Europäisches Forum für Gesundheitswirtschaft" mit Schwerpunkt bei der Aus- und Weiterbildung in der Region könnte helfen, die Nachwuchs-lücke zu schließen. Man sei derzeit "in der Projektfindungsphase", bestätigt Johannes Weinand von der Stadt Trier, die den entsprechenden Anstoß gegeben hat. Stadt, Land, Krankenhäuser und Pflegeträger haben ein kleines professionelles Team beauftragt, innerhalb eines Jahres ein umsetzungsfähiges Konzept zu entwickeln, das Luxemburg miteinbeziehen soll.
Von der Stadt aus gibt es auch Querverbindungen zur Uni, wo der neue Präsident Michael Jäckel das Projekt seines Vorgängers vorantreibt, einen Pflege-Studiengang einzurichten. Es gebe Gespräche mit Gesundheits- und Bildungsministerium, sagt Jäckel, der davon ausgeht, mit zwei Professuren und der notwendigen Ausstattung sei ein entsprechendes Angebot zu schaffen. Ein bundesweites Curriculum sei bereits vorhanden.
Man denkt darüber nach, den Studiengang "patientenorientierter" anzulegen als ursprünglich geplant, will heißen: weniger am betriebswirtschaftlichen Pflege-Management ausgerichtet als an der Pflege-Praxis. Das könnte angesichts der gesamtgesellschaftlichen Entwicklung die Entscheidung für die Einrichtung eines neuen Studiengangs durchaus erleichtern. Und für die Region, glaubt Jäckel, könnte das "ein deutliches Signal setzen".
Von einer ganz anderen Seite aus will die Pflegegesellschaft Rheinland-Pfalz das Problem angehen. Der vor Jahresfrist gegründete Zusammenschluss von rund 800 Pflegeeinrichtungen ist, unterstützt vom Gesundheitsministerium, noch bis Mitte Dezember auf Werbetour durch 24 Schulen im Land. Ziel: Man will Jugendliche für die "Chancen und Herausforderungen des Pflegeberufs" begeistern.
Extra

In der Stadt Trier fehlen knapp 300 Pflegekräfte, davon 200 in der Gesundheits- und Krankenpflege. Im Kreis Trier-Saarburg werden gut 100 Pflegekräfte gesucht, davon fast die Hälfte in der Altenpflege. Im Kreis Bernkastel-Wittlich wäre Platz für rund 250 weitere Pflegekräfte, mehr als die Hälfte davon in der Gesundheits- und Krankenpflege. Im Eifelkreis Bitburg-Prüm fehlen etwa 40 Pflegekräfte, und zwar fast ausnahmslos in der Altenpflege. Im Kreis Vulkaneifel gibt es sogar ein leichtes Überangebot an Pflegekräften. DiLExtra

Die Gehälter in Deutschland und Luxemburg lassen sich nur grob vergleichen, da Steuern und Abgaben sehr unterschiedlich sind, Zuschläge eine Rolle spielen und bei der Einstufung Qualifikation und Erfahrung unterschiedlich bewertet werden. So viel lässt sich sagen: Eine Durchschnittskraft in Luxemburg kann damit rechnen, monatlich netto zwischen 2500 und 2800 Euro mit nach Hause zu bringen. In Deutschland bewegt sich der Brutto-Lohn bei 2000 bis 2500 Euro - vorausgesetzt, es wird tariflich bezahlt. Der gesetzliche Mindestlohn liegt in Westdeutschland bei 8,50 Euro, in Luxemburg bei 12 Euro. DiL

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