Pharma-Sponsoring zum Wohle der Patienten?

Trier · Können Ärzte, die sich von Medikamenten-Produzenten die Teilnahme an Fortbildungsveranstaltungen zahlen lassen, noch unabhängig sein? Viele Mediziner sehen in dem Pharma-Sponsoring nichts Verwerfliches.

Trier. Mit 88,04 Euro, die der Pharmahersteller Novartis ihr als Reisekosten überwiesen hat, gehört eine Hautärztin aus Trier eher zu den "geringverdienenden" Medizinern. Jedenfalls, was die Zusatzeinnahmen durch Zahlung von Arzneimittelherstellern und Forschungsunternehmen angeht.
Jedenfalls auch im Vergleich zu einer Allgemeinärztin aus Trier. 26 779,25 Euro wurden ihr im vergangenen Jahr überwiesen. Es handelt sich um Honorare, Reisekosten, Spesen. Bezahlt von sieben verschiedenen Pharma-Herstellern wie Berlin Chemie, Lilly Pharma oder Boehringer Ingelheim.Über 500 Millionen überwiesen


Über sieben Millionen Euro Honorare und Reisekosten für Ärzte hat allein Berlin Chemie, die unter anderem Mittel gegen Erkältung, Fieber und Kopfschmerzen herstellt, gezahlt. Insgesamt haben die 54 größten Pharma-Hersteller Deutschlands im vergangenen Jahr 575 Millionen Euro an Mediziner und Kliniken überwiesen. Sie sind Mitglied der Freiwilligen Selbstkontrolle für die Arzneimittelindustrie e.V (FSA) und habe sich verpflichtet, die Angaben auf ihren Internetseiten zu veröffentlichen. Trotzdem ist nur schwer nachzuvollziehen, an wen sie im Einzelnen Geld gezahlt haben. Von insgesamt 71 000 Ärzten in Deutschland haben nur 21 000 einer Veröffentlichung durch die jeweiligen Pharmaunternehmen zugestimmt.
Die Krankenkassen kritisieren, dass es keine gesetzliche Veröffentlichungspflicht für die Zahlungen gibt. "Wenn schon Zuwendungen fließen, dann sollten diese zumindest verpflichtend veröffentlicht werden, um auch für die Patienten transparent zu sein", sagt Tanja Börner, Sprecherin des Ersatzkassenverbandes Rheinland-Pfalz.
Gesundheitsministerin Sabine Bätzing-Lichtenthäler begrüßt, dass Ärzte und Pharma-Unternehmen zumindest im Rahmen der Selbstkontrollen Daten veröffentlichen. "Noch aussagekräftiger wäre es, wenn dabei nicht nur pauschale Summen öffentlich gemacht würden, sondern auch Einzelheiten zu der Art der erbrachten Leistungen."
Die zur Verfügung stehenden Angaben sind vom Nachrichtenportal Spiegel online und dem Rechercheverbund Correctiv in einer Datenbank zusammengetragen. Dort finden sich auch rund 80 von über 900 niedergelassenen Medizinern und fast alle Krankenhäuser in der Region wieder. Obwohl die Ärzte einer Veröffentlichung der Zahlungen zugestimmt haben, tun sich einige offenbar doch schwer damit, darüber in der Zeitung zu lesen. Nur einige von unserer Zeitung per E-Mail angefragten Ärzte geben eine Rückmeldung, andere antworten, dass sie nicht glauben, "dass Sie (Anmerkung: damit ist der Verfasser des Artikels gemeint) die Sichtweise der Ärzte gebührend darstellen".
Ausführlich äußert sich der Trierer Urologe Friedrich-Wilhelm Schäffner. 1232 Euro haben Pharma-Unternehmen ihm gezahlt und zwar, wie er sagt, für die Teilnahme an von Ärztekammern zertifizierten Fortbildungsveranstaltungen. Die Teilnahme an solchen Fortbildungen sei für Ärzte verpflichtend, ansonsten drohten "empfindliche Honorareinbußen" durch die Kassenärztliche Vereinigung, sagt Schäffner. Mit einer solchen Art von Sponsoring habe er kein Problem. Schließlich komme die Teilnahme an solchen Veranstaltungen "meinen Patienten zugute, da sie mein Wissen erweitern".
Dass nicht alle Ärzte einer Veröffentlichung der Zahlungen zustimmen, sieht er durchaus kritisch.
Neben Medizinern zahlt die Pharma-Industrie auch Fortbildungsveranstaltungen in Krankenhäusern der Region. Knapp 2000 Euro sind so etwa an das Saarburger Krankenhaus geflossen, 5900 Euro an das Verbundkrankenhaus Bernkastel/Wittlich, 2967 Euro an das Bitburger Krankenhaus.
Es gebe Aufgaben und Leistungen, "deren Finanzierung und Durchführung durch das Gesundheitssystem nicht gedeckt werden", begründet das Trierer Brüderkrankenhaus, warum man bei Kongressen sowie bei Fort- und Weiterbildungsveranstaltungen oder auch Patienten-Informationen auf die finanzielle Unterstützung von Pharma-Herstellern angewiesen sei.
Als Beispiel wird der im Juni durchgeführte Pflegekongress genannt. Im Programmheft werden ausdrücklich die Sponsoren und ihre Zahlungen genannt. Mit 5000 Euro haben sie demnach die Veranstaltung unterstützt. Insgesamt sind so im vergangenen Jahr über 56 000 Euro an das Brüderkrankenhaus geflossen.Schriftliche Verträge


Auch das Trierer Mutterhaus profitiert bei Fortbildungsveranstaltungen von der finanziellen Unterstützung von Pharma-Herstellern. Als Gegenleistung, so eine Kliniksprecherin, werde dem Sponsor die Möglichkeit eingeräumt, seine Produkte während der Veranstaltung an einem Stand zu präsentieren. All das werde jeweils mit schriftlichen Verträgen festgelegt. 29 776 Euro habe das Mutterhaus auf diese Art im vergangenen Jahr erhalten, sagt die Sprecherin und stellt klar: "Einzelne Abteilungen oder Personen haben keinen Zugriff auf diese Gelder."

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