Pro Asyl-Chef: "Viele Fallstricke verhindern Integration"

Bessere Jobchancen für Flüchtlinge, aber auch Sanktionen bei mangelndem Integrationswillen. Das steht im Integrationsgesetz. Der Geschäftsführer der Menschenrechtsorganisation Pro Asyl, Günter Burkhardt, sieht in der Vorlage eine grundsätzlich falsche Weichenstellung. Mit ihm sprach unser Korrespondent Stefan Vetter.

Herr Burkhardt, mit dem neuen Gesetz wird die Integration in Deutschland erstmals verbindlich geregelt. Das müsste Sie doch freuen, oder? Burkhardt: "Schaut man sich den Inhalt genau an, dann handelt es sicher eher um ein Integrationsverhinderungsgesetz. Freude kann da wirklich nicht aufkommen." Woran machen Sie das fest? Burkhardt: "Die Regierung hat Sprachkurse bisher nicht in ausreichendem Maße bereitgestellt. Der Zugang zu Integrationskursen wird beispielsweise Afghanen auch mit dem neuen Gesetz weiterhin verweigert, weil nur Flüchtlinge mit angeblich hoher Bleibeperspektive dafür in Betracht kommen. Gleichzeitig erweckt die Regierung mit den verschärften Sanktionsbestimmungen den Eindruck, die Flüchtlinge wollten sich gar nicht integrieren. Das ist grundfalsch und nährt ausländerfeindliche Vorurteile."Wenn der Integrationswille kein Problem ist, wie Sie sagen, dann kommen die Sanktionen auch nicht zur Anwendung. Wozu also die Aufregung? Burkhardt: "Das Problem ist, dass eine zentrale Bestimmung in dem Gesetz, nämlich anerkannten Flüchtlingen auf Jahre hinaus den Wohnort vorzuschreiben, Integration massiv erschwert. Angehörige haben eine wichtige Rolle bei der Integration. Aber genau das wird vom Gesetz ignoriert. So wird es etwa für einen Afghanen, der in Sachsen lebt, schwierig, einen Job zu finden, wenn man ihm untersagt, zum Beispiel nach Nordrhein-Westfalen zu ziehen, wo seine Angehörigen sind."Aber wenn sich Flüchtlinge in großer Zahl in Ballungsräumen sammeln, die dann womöglich zu sozialen Brennpunkten werden, wäre der Integration erst recht nicht gedient.Burkhardt: "Das Wichtigste ist, dass die Menschen auf eigenen Füßen stehen. Deswegen macht es keinen Sinn, sie in Gegenden festzuhalten, wo sie keine Lebensperspektive finden. Genau das führt doch in die Isolation." vet

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort