SPD will gleiche Anteile an Kassen-Beiträgen

Berlin · Die SPD pocht darauf schon länger - nun hat der Parteichef noch einmal nachgelegt: Die Krankenkassenbeiträge müssten wieder paritätisch von Arbeitgebern und Arbeitnehmern finanziert werden, erklärte Sigmar Gabriel. Doch die Union blockiert.

Berlin. Der sogenannte Sündenfall liegt schon vor mehr als zehn Jahre zurück. Bis Mitte 2005 legte der Arbeitgeber exakt die Hälfte des Beitrags zur gesetzlichen Krankenversicherung für den Arbeitnehmer drauf.
Doch angesichts der schlechten Arbeitsmarktlage entschloss sich die damalige Bundesregierung aus SPD und Grünen, den Beschäftigten ein größeres Opfer abzuverlangen. Um die Wirtschaft bei den Lohnnebenkosten zu entlasten, mussten die Arbeitnehmer vom Verdienst fortan 0,9 Prozentpunkte mehr für die Krankenkasse entrichten als der Arbeitgeber.Schieflage bis heute


Die Schieflage hat sich bis heute erhalten, wobei der Nachteil für die Arbeitnehmer mittlerweile noch größer geworden ist: Bei den Koalitionsverhandlungen vor drei Jahren war der Anteil der Arbeitgeber am Kassenbeitrag auf Druck der Union bei 7,3 Prozent vom Bruttolohn festgeschrieben worden. Ebenfalls 7,3 Prozent entrichten die Arbeitnehmer. Obendrein müssen sie jedoch einen Zusatzbeitrag schultern, wenn ihre Kasse mit den Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds nicht auskommt.
Im Durchschnitt aller Kassen beträgt dieser Zusatzbeitrag inzwischen 1,1 Prozent vom Bruttolohn.
Das Problem: Laut Gesetz gibt es hier keine Begrenzung nach oben. Das heißt, die Versicherten zahlen alle künftigen Kostensteigerungen im Gesundheitswesen allein.
Nach den Erwartungen des Spitzenverbandes der Krankenkassen (GKV) könnte der durchschnittliche Zusatzbeitrag pro Jahr um etwa 0,2 Prozent steigen. Für 2019 wird ein Wert von 1,8 Prozent prognostiziert. Bei einem Monatsbrutto von 3000 Euro hätten Arbeitnehmer demnach im Schnitt 54 Euro mehr an die Krankenkasse abzuführen als die Arbeitgeberseite. Derzeit sind es 33 Euro. Der Gesundheitsökonom Jürgen Wasem rechnet bis 2020 sogar mit einem Anstieg des Zusatzbeitrags auf 2,4 Prozent, was die Belastung aus Arbeitnehmersicht noch mehr verschärfen würde.Keine rasche Lösung zu erwarten



Vor diesem Hintergrund, aber auch angesichts der inzwischen positiven Wirtschaftslage, macht Gabriel nun eine Rolle rückwärts, indem er die Wiederherstellung der Parität "auch bei den Zusatzbeiträgen" fordert. Die Union sei bisher nicht bereit, hier mitzuziehen, ergänzte der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach auf Anfrage unserer Redaktion. Daher müsse man neu in Verhandlungen eintreten, sagte er.
Eine Lösung noch vor der nächsten Bundestagswahl ist allerdings kaum zu erwarten. Zwar sieht man auch beim Sozialflügel der Union Handlungsbedarf. So heißt es zum Beispiel in einer kürzlich veröffentlichten Erklärung der Arbeitnehmer-Union der CSU (CSA), die alleinige Kostenübernahme durch die Arbeitnehmer sei auf Dauer "nicht zu akzeptieren". Doch stellte das zuständige Bundesgesundheitsministerium am Mittwoch klar, dass es keine entsprechenden Pläne gebe. Man werde von der jetzigen Finanzierung nicht abweichen, sagte Ressortchef Hermann Gröhe.Hintergrund der Blockade



Hintergrund der Blockade ist dem Vernehmen nach der Unmut in der Wirtschaft. Dort hatte man sich von den C-Parteien vergeblich nennenswerte Entlastungen erhofft. Die Rückkehr zur paritätischen Beitragsfinanzierung wäre indes das glatte Gegenteil. "Deshalb will da zurzeit niemand ran", meinte ein altgedienter Abgeordneter der Unionsfraktion.

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