Scharnier zwischen Weißem Haus und der Schattenwelt der Agenten

Washington · Dan Coats gilt als ein Mann mit feinem Humor, der sich gern auch mal selber auf die Schippe nimmt. Die Fähigkeit zur Selbstironie wird er brauchen, denn den Posten, auf den ihn Donald Trump befördern will, halten einige von Trumps engsten Beratern für überflüssig.

Washington. Der 73-jährige Republikaner Dan Coats aus dem mittelwestlichen Bundesstaat Indiana soll oberster Geheimdienstkoordinator werden. Geht man allein nach der Stellenbeschreibung, besteht seine Aufgabe darin, die Arbeit der 16 amerikanischen Geheimdienste aufeinander abzustimmen und obendrein so etwas wie das Scharnier zwischen dem Weißen Haus und der Schattenwelt der Agenten zu sein. Politisch brisant wird es, weil der nächste US-Präsident den Schlapphüten mit tiefem Misstrauen begegnet. Trump hält bekanntlich nichts von der These, dass die russische Regierung Hacker auf die Demokratische Partei ansetzte, um die Wahl zum Schaden Hillary Clintons zu manipulieren (siehe oben).
Coats' wichtigste Mission wird es sein, den Riss zu kitten, der sich zwischen dem New Yorker Milliardär und dem Spionageapparat aufgetan hat. Geschaffen im Jahr 2004, sollte der Posten des Director of National Intelligence (DNI) die Antwort auf das Versagen der Geheimdienste mit ihrem Rivalitätsdenken sein, denen es nicht gelungen war, den Attentätern des 11. September 2001 auf die Schliche zu kommen. Zu Beginn der Ära Barack Obamas kam ein interner Regierungsbericht zu dem Schluss, dass er die Bürokratie eher zusätzlich aufblähte, statt sie effizienter zu machen.
In Trumps Mannschaft wiederum gibt es Leute, die auf James Clapper, den scheidenden DNI, überhaupt nicht gut zu sprechen sind. Michael Flynn, der Sicherheitsberater des designierten Staatschefs, wurde auf Betreiben Clappers nach gerade mal zwei Jahren an der Spitze des Militärgeheimdiensts gefeuert. Von Flynn etwa heißt es, dass er das Amt mit besonders argwöhnischen Augen sieht, und sei es nur aus persönlichen Motiven. Einige Kandidaten sollen denn auch dankbar abgelehnt haben, als Trump bei ihnen anfragte.
Coats wiederum kennt die Behörden, die er demnächst koordinieren soll: Im US-Senat, dem er 16 Jahre angehörte, saß er zuletzt im Geheimdienst-Ausschuss. Der einstige Versicherungsvertreter gilt als Konservativer der traditionellen Schule, nicht der populistischen eines Donald Trump. 1980 erstmals ins Repräsentantenhaus gewählt, stieg er 1988 zum Senator auf, ehe er nach zehn Jahren aus der kleineren, aber feineren Parlamentskammer ausschied. 2001 ernannte ihn George W. Bush zum Botschafter in Berlin, wo er drei Tage vor den Anschlägen des 11. September eintraf. 2010 delegierten ihn die Wähler Indianas erneut in den US-Senat; im vergangenen Herbst verzichtete er darauf, noch einmal zu kandidieren.
Ob Coats im innersten Machtzirkel des Weißen Hauses Gehör findet, bleibt abzuwarten. Vor allem an der Person Wladimir Putins scheinen sich die Geister zu scheiden. Anders als Trump, beurteilt der Noch-Senator die Absichten des russischen Präsidenten ausgesprochen skeptisch. Als Russland die Krim annektierte, gehörte er in Washington zu den lautesten Fürsprechern schärferer Sanktionen gegen Moskau. Daraufhin setzte ihn der Kreml auf die schwarze Liste jener amerikanischen Politiker, denen man die Einreise untersagte. Coats kommentierte es mit der ihm eigenen sarkastischen Note: "Obwohl ich enttäuscht bin, dass ich den Sommerurlaub mit meiner Familie nicht in Sibirien verbringen kann, ist es mir eine Ehre, auf dieser Liste zu stehen."

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