Smog an der Seine: In Paris herrscht seit Tagen Feinstaubalarm

Paris · „Peking an der Seine“ nennt die Zeitung „Le Monde“ die französische Hauptstadt. Der Vergleich mit der verschmutzten chinesischen Metropole drängt sich auf, seit Paris unter einer Feinstaubbelastung ächzt, die so hoch ist wie seit zehn Jahren nicht mehr.

Den vierten Tag in Folge sollte deshalb am Freitag ein Teil-Fahrverbot gelten - eine Maßnahme, die erstmals auch Lyon übernahm.

Zumindest für Paris ist das Problem der Luftverschmutzung nicht neu. Erst im Sommer 2015 legte der Senat alarmierende Zahlen zur "Pollution" vor. 650.000 Tage jährlich listeten die Senatoren an Krankschreibungen auf, die mit der Luftverschmutzung zusammenhängen - vor allem Herz- und Atemwegserkrankungen. Feinstaub wird jedes Jahr für mindestens 48.000 Todesfälle verantwortlich gemacht.

In der französischen Hauptstadtregion, wo rund elf Millionen Menschen leben, sinkt die Lebenserwartung durch die Belastung um sechs bis neun Monate. Deshalb verzichteten viele Schulen und Kindergärten diese Woche auf Ausflüge und Sport im Freien. "Wenn man unsere Kinder sieht, die mit zwei Monaten fast alle Bronchitis haben, muss man etwas unternehmen", forderte die Umweltrechtlerin Corinne Lepage im Radiosender France Info.

Eine Meinung, die eine Mehrheit der Einwohner im Großraum Paris teilt. Laut einer Umfrage aus dem Jahr 2014 sehen 84 Prozent im Kampf gegen die Luftverschmutzung eine Priorität; 70 Prozent sind für ein Fahrverbot. In der Praxis halten sich allerdings viele Autofahrer nicht daran. Von rund 10.000 am Dienstag kontrollierten Fahrzeugen mussten von den Fahrernetwa 4000 eine Geldstrafe zahlen, die bei 35 Euro liegt. Die Emissionen seien nur um fünf bis zehn Prozent zurückgegangen, da sich deutlich weniger Pariser an das Verbot hielten als vor zwei Jahren, kritisierte Airparif, die Agentur, die für die Kontrolle der Luft zuständig ist.

Vignettensystem ab Januar

Ab Mitte Januar soll das Fahrverbot ohnehin durch ein Vignettensystem abgelöst werden. Je nach Verschmutzungsgrad bekommen die Fahrzeuge dann unterschiedliche Aufkleber, so dass bei Smog Abgasschleudern gezielt aus dem Verkehr gezogen werden können. Autos, die vor dem 1. Januar 1997 zugelassen wurden, dürfen nur noch nach 20 Uhr und vor acht Uhr in die Stadt.

Umweltschützer fordern schon lange, gezielter gegen die Luftverschmutzung aktiv zu werden. Zum Beispiel mit einem Mautsystem wie es in London gilt. Oder mit einem Ende der Steuervorteile für Dieselfahrzeuge, die Frankreich mit einem Anteil von rund 60 Prozent zum Diesel-Land Nummer eins machten. Die Region Ile-de-France, zu der Paris gehört, beschloss erst diese Woche, neue Dieselbusse anzuschaffen.

In Paris selbst setzt Bürgermeisterin Anne Hidalgo dagegen auf Fahrzeuge mit Elektro- oder Hybridantrieb. Busse und Lastwagen mit hohem Schadstoffausstoß dürfen seit September nicht mehr in die Innenstadt und Diesel sollen bis 2020 verbannt werden.

Hidalgo hat ein Interesse daran, gegen die Luftverschmutzung zu kämpfen, denn neunmal wurde in diesem Jahr bereits Feinstaubalarm gegeben. Die Abgase hinterlassen auch ihre Spuren an den Touristenattraktionen: der Justizpalast und das Pantheon mussten vor kurzem aufwändig saniert werden. Der Eiffelturm ist mit seinem Stahl zwar widerstandsfähiger gegen den Smog. Doch das Pariser Wahrzeichen verschwindet an vielen Tagen unter einer gelb-grauen Abgaswolke - sehr zum Ärger der Touristen.

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