So einfach wird Deutschland Terror-Touristen nicht los

Berlin · Dschihadisten aus Deutschland, die kampferprobt und brutalisiert aus Syrien und dem Irak zurückkehren - das ist derzeit das Horrorszenario der Sicherheitsbehörden. Vor allem CDU-Politiker haben die Diskussion über Gegenmaßnahmen begonnen. Doch was ist von den Vorschlägen rechtlich zu halten, die die SPD bisher strikt ablehnt?

Berlin. Unser Berliner Korrespondent Werner Kolhoff fragte den Richter Dr. Klaus Dienelt, der ein Internetportal zum Migrationsrecht gegründet hat, nach den Möglichkeiten.

Entzug des deutschen Passes: Das hatte "für Einzelfälle" unter anderem CDU-Vize Armin Laschet vorgeschlagen. Wer mit Terroristen zusammen kämpfe, "der verwirkt sein Aufenthaltsrecht". Doch ist das Grundgesetz hier eindeutig: "Die deutsche Staatsangehörigkeit darf nicht entzogen werden", sagt Artikel 16, der zum unveränderbaren Bereich des Grundgesetzes gehört. Laut Dienelt ist es auch nicht möglich, nachträglich eine neue Regelung zum Entzug der Staatsangehörigkeit einzuführen.
Einzig denkbar sei zu prüfen, ob eine Einbürgerung zurückgenommen werden könne, weil der Ausländer bei der Einbürgerung vorsätzlich getäuscht habe, dass er sich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung bekenne und keine Gewalt zur Durchsetzung seiner Ziele anwende. Das sei eventuell auch auf rückkehrende eingebürgerte Dschihadisten anwendbar, denn die Regelung umfasse auch die Anwendung von Gewalt außerhalb des Bundesgebietes gegen Nichtdeutsche. Allerdings könne der Entzug nur bis zum Ablauf von fünf Jahren nach der Einbürgerung erfolgen.

Verbot der Wiedereinreise: Das forderte unter anderem der FDP-Politiker Christian Dürr. Hier gilt laut Dienelt das Gleiche: Einem deutschen Staatsbürger darf eine Wiedereinreise ins eigene Land nicht verwehrt werden.

Verhinderung einer Ausreise zum Terrorkampf: Das sieht der innenpolitische Sprecher der Grünen, Volker Beck, als einzige Möglichkeit. Das Polizei- und Ausländerrecht erlaube Meldeauflagen und Überwachungsmaßnahmen, darunter auch den Einzug des Reisepasses und einen Eintrag auf eine räumliche Begrenzung im Personalausweis. Beck: "So kann man Verwirrte daran hindern, in den heiligen Krieg zu ziehen." Dienelt bestätigte das.
Eine Passentziehung sei möglich, wenn es begründete Hinweise gebe, dass der Passinhaber die innere oder äußere Sicherheit oder sonstige erhebliche Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährde. Dazu könnten auch Gewalttätigkeiten im Ausland gehören. Konkrete Äußerungen des Passinhabers, sich am bewaffneten Dschihad beteiligen zu wollen, oder seine Einbindung in einen Personenkreis von gewaltbereiten Islamisten könnten dafür ein Beleg sein.

Ausweisung radikalisierter Ausländer: Islamisten haben in Herford und Berlin christliche Syrer und Jesiden angegriffen, in Moscheen gab es Hasspredigten mit entsprechenden Parolen. Bayerns Innenminister Joachim Hermann (CSU) will diese Leute ausweisen: "In Deutschland lebende ausländische Extremisten gehören raus aus Deutschland". Der CDU-Innenexperte Wolfgang Bosbach will die rechtlichen Hürden zur Ausweisung straffällig gewordener Ausländer senken. Sie solle schon erfolgen können, wenn jemand zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr ohne Bewährung verurteilt worden ist. Bisher liegt die Hürde bei drei Jahren. Theoretisch ist laut Dienelt die Ausweisung möglich, wenn die Betreffenden nicht Deutsche sind.

Strafverfolgung wegen Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung: Sie könnte die Täter von einer Rückkehr abhalten; den entsprechenden Paragrafen gibt es (129b Strafgesetzbuch).
Allerdings werden nur Straftaten von Deutschen oder an Deutschen im Ausland erfasst. Auch wird die Tat im Nicht-EU-Ausland nur mit Ermächtigung des Justizministeriums verfolgt.

Andere Möglichkeiten: Dazu gehört die gezielte Überwachung der Rückkehrer und ihres Umfeldes, eine Maßnahme, die jetzt von den Sicherheitsbehörden eingeleitet wird. Außerdem stünde es dem Gesetzgeber natürlich frei, Gesetze zu verschärfen, jedoch nicht das Grundgesetz. Aber der Koalitionspartner SPD hat hier klar abgewinkt. "Alles was nötig ist, bietet das Strafrecht schon jetzt", sagte Parteivize Ralf Stegner.
Bezogen auf Ausländer sieht das auch Innenminister Thomas de Maizière (CDU) so. Allenfalls bei deutschen Staatsbürgern könne es Veränderungsbedarf geben, sagte er gestern. wk

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