Tusk fordert Umschuldung Griechenlands: Laut dem EU-Ratschef müssen sich auch die Gläubiger bewegen.

Brüssel · Um in letzter Minute noch eine Einigung mit der griechischen Regierung zu erzielen, hat ihr der EU-Ratsvorsitzende Donald Tusk Schuldenerleichterungen als Teil eines dritten Hilfspakets angeboten.

"Ich hoffe, dass wir heute konkrete und realistische Reformvorschläge aus Athen erhalten", sagte der Pole wenige Stunden vor Auslaufen der Abgabefrist, die der Euro-Sondergipfel am Dienstag gesetzt hatte: "Wenn dies geschieht, werden wir parallel dazu einen realistischen Vorschlag der Gläubiger für die Nachhaltigkeit der griechischen Schulden brauchen." Tusk ist damit der erste - und gleichzeitig formal höchste - Vertreter der EU-Seite, der sofortige Zusagen in diese Richtung unterstützt.

Bisher hatte es stets geheißen, man könne im Herbst über weitere Maßnahmen zur Senkung der Schuldenlast reden, wenn die griechische Seite bestimmte Haushaltsvorgaben erreicht habe. Das entspricht einer bereits im November 2012 gemachten Zusage der Euroländer, die zwar Teil des inzwischen ausgelaufenen zweiten Hilfsprogramms war, laut Bundeskanzlerin Angela Merkel aber weiter "steht". Allerdings wurde dieses Angebot - entgegen dem Wunsch auch von Premier Alexis Tsipras' Vorgänger Antonis Samaras - nie konkretisiert. Genau dies fordert nun Tusk für den Fall, dass sich auch die Griechen bewegen.

Schon länger in der Diskussion ist, die Kreditlaufzeiten weiter zu verlängern und die Zinshöhe noch einmal zu senken. Außerdem könnte ein Teil des Geldes aus einem dritten Hilfsprogramm - es ist von mindestens 50 Milliarden Euro aus dem Krisenfonds ESM die Rede - dazu benutzt werden, um relativ kurzfristig fällige Schulden bei der Europäischen Zentralbank (EZB) abzulösen, für die die Euroländer ebenfalls haften. Im Ergebnis liefe dies auf eine Umschuldung hinaus, da diese Schulden dann erst viele Jahre später beglichen werden müssten. Einen "klassischen Haircut", also einen echten Rückzahlungsverzicht, schloss Merkel am Donnerstag auf ihrer Balkanreise erneut aus. Dies hatte unter anderem der Internationale Währungsfonds in der Vorwoche gefordert. Allerdings sprach IWF-Chefin Christine Lagarde jetzt ebenfalls von "Umschuldung".

Die EU-Kommission teilte am Donnerstag mit, sie erwarte die neuen griechischen Vorschläge "in der Nacht", wie ihr Sprecher Margaritis Schinas sagte. Nur wenn diese vorgelegt und von Kommission, EZB und IWF als gute Grundlage für Verhandlungen über ein neues Kreditpaket angesehen werden, könnten die Euro-Finanzminister am Samstag und ein Eurogipfel am Sonntag um 16 Uhr deren Aufnahme beschließen.

Andernfalls dürfte es zum Ausscheiden Griechenlands aus der Währungsunion kommen, da die EZB weitere Nothilfen für das angeschlagene Bankensystem von der Aussicht auf ein Hilfsprogramm abhängig macht. Ein Kollaps des griechischen Finanzsystems würde sofort eine Rekapitalisierung durch die Athener Regierung nötig machen, was in Anbetracht der Geldnot wohl nur mit selbst gedrucktem eigenen Geld, der Drachme, geschehen könnte.

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