US-Wahlkampf: Republikaner gegen Trump

Washington · Die Retourkutsche ließ nicht lange auf sich warten. Kaum hatten fünfzig prominente Republikaner Donald Trump in einem offenen Brief die Eignung fürs Präsidentenamt abgesprochen, keilte der Milliardär auch schon zurück, diesmal in einem für seine Verhältnisse ungewohnt sarkastischen Ton.

Er danke den Autoren, schrieb er in einem eilends Statement. So wisse wenigstens jeder, wer die Schuld dafür trage, dass die Welt ein so gefährlicher Ort geworden sei. Bei den Leuten, die diesen Brief signiert hätten, sollten die Wähler einmal nachfragen, warum die Welt ins Chaos gerutscht sei. "Diese Insider haben - zusammen mit Hillary Clinton - die desaströse Entscheidung getroffen, im Irak einzumarschieren", schob Trump hinterher. "Es sind diejenigen, die den Aufstieg von ISIS erst ermöglicht haben", schrieb er, die in den USA übliche Abkürzung für den "Islamischen Staat" benutzend.

Gewiss, mit der Erinnerung an das irakische Desaster trifft er einen wunden Punkt. Die meisten Unterzeichner hatten hohe Posten in der Regierung George W. Bushs inne, einige bekannten sich zur neokonservativen Denkschule, die am lautesten für die Invasion trommelte. Da ist Michael Hayden ein früherer Direktor sowohl der CIA als auch der NSA. Da sind Tom Ridge und Michael Chertoff, zwei ehemalige Heimatschutzminister, da sind John Negroponte und Eric Edelman, der eine ein Koordinator der Geheimdienste, der andere Sicherheitsberater des hartleibigen Vizepräsidenten Dick Cheney. Aber auch Robert Zoellick hat unterschrieben, ein ehemaliger Weltbankdirektor, der nicht unbedingt im Verdacht steht, ein blindwütiger Interventionist zu sein.

Was die Brisanz des Briefes ausmacht, ist das vernichtende Urteil, das die Gruppe über die Persönlichkeitsstruktur Trumps fällt. Es ist eine Skizze, die sich nahezu deckt mit jener, wie sie die Demokraten neulich auf ihrem Wahlparteitag zeichneten. Der Egomane als Sicherheitsrisiko - das ist die Quintessenz, ausnahmsweise parteiübergreifend.

Donald J. Trump sei nicht in der Lage, die Wahrheit von Lügen zu unterscheiden, wettern die 50 Republikaner. Er könne sich nicht beherrschen, vertrage keine Kritik und habe selbst die engsten Verbündeten des Landes durch sein sprunghaftes Verhalten irritiert. All dies seien gefährliche Eigenschaften bei einem Mann, dem im Falle eines Wahlsieges das Atomwaffenarsenal der USA unterstünde. Im Übrigen habe Trump ein ums andere Mal bewiesen, dass er von Außenpolitik nicht viel verstehe, weder von Amerikas nationalen Interessen noch von seinen unverzichtbaren Allianzen noch von demokratischen Werten. Und lernfähig sei er auch nicht. In einem Satz, "Herr Trump wäre der leichtsinnigste Präsident der amerikanischen Geschichte".

Der Tycoon wird sich damit trösten, dass kein noch lebender Außenminister konservativer Administrationen seine Unterschrift unter das Schreiben gesetzt hat. Ob Henry Kissinger, George Shultz, James Baker, Colin Powell oder Condoleezza Rice: Sie alle halten sich einstweilen bedeckt. Kissinger und Baker, Symbolfiguren stocknüchterner Realpolitik, haben sich einmal sogar mit Trump zusammengesetzt, um ihm Nachhilfestunden zu geben. Zur Wahl empfehlen ihn beide nicht, zum offenen Bruch scheinen sie allerdings auch nicht bereit.

Dann ist da noch Evan McMullin, eine Art Kaninchen, das die parteiinternen Gegner des Baulöwen in letzter Minute aus dem Hut zaubern. Es riecht nach einem Akt der Verzweiflung: Der 40 Jahre alte Ex-Geheimdienstler, der sich plötzlich als Unabhängiger um die Präsidentschaft bewirbt, ist ein völlig unbeschriebenes Blatt, mit dem allenfalls Washington-Insider etwas anfangen können. Elf Jahre lang hat er für die CIA an Undercover-Operationen in Krisengebieten mitgewirkt, wie seine Kurzbiografie vermerkt, ohne Details zu nennen. Zuletzt arbeitete er für die republikanische Fraktion im Repräsentantenhaus. McMullin bekennt sich zum mormonischen Glauben, und um Utah, die Hochburg der Mormonen, geht es denn wohl auch bei seinem Vorstoß. Eigentlich gilt der Staat am Großen Salzsee mit seinem konservativen Milieu als sichere Bank für den Kandidaten der "Grand Old Party", als eine der sichersten überhaupt zwischen Seattle und Miami. Sollte McMullin Trump dort das Wasser abgraben, könnte indes am 8. November ein Paukenschlag dröhnen - und Hillary Clinton in Utah die Wahl gewinnen.

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