Vom liberalen Politiker zum griechischen Botschafter

Trier · Der ehemalige FDP-Politiker Jorgo Chatzimarkakis ist nun Sonderbotschafter. Er wirbt für die Politik seines Heimatlandes Griechenland. Im TV sagt er, wie er dazu gekommen ist und welche Reformen notwendig sind.

Trier. Er ist wieder da. "Chatzi": Grieche, Ex-FDP-Mitglied und Europapolitiker und ehemaliger Doktor der Politikwissenschaft. Jorgo, oder richtig Georgios, Chatzimarkakis ist wieder ein gefragter Mann. Der 48-Jährige aus dem saarländischen Perl ist seit November Sonderbotschafter für sein Heimatland Griechenland. Die frühere Regierung aus konservativer Nea Dimokratia und sozialdemokratischer Pasok hat ihn dazu ernannt. Doch "Chatzi", wie er sich früher gerne selbst nannte, steht auch bei der Ende Januar neu gewählten Regierung aus Linken und Rechtspopulisten auf der Gehaltsliste.
Das Verhältnis zu einzelnen Ministern sei persönlich, "da man sich aus früheren politischen Tätigkeiten gut kennt", sagt Chatzimarkakis im Gespräch mit dem Volksfreund. Man dürfe nicht übersehen, dass rund ein Drittel aller Minister Experten ohne Parteimitgliedschaft sei.
Und was macht er nun als Sonderbotschafter? Er sei zuständig für die "europäische Wirtschaftsstrategie" Griechenlands, erklärt er. Er pendele zwischen Brüssel, Athen und Berlin. Und in dieser Funktion ist er quasi ein Botschafter seines Heimatlandes, wirbt überall, wo er auftritt, um Verständnis für die griechische Regierung.
Chatzimarkakis ist wieder gefragter Gast in Talkshows ("der Fernsehgrieche", wie ihn kürzlich die Frankfurter Allgemeine bezeichnete). So wie früher, als der redegewandte einstige Berufspolitiker mit für die FDP radikalen Forderungen wie etwa dem Zusammenschluss mit den Grünen Schlagzeilen machte. Chatzimarkakis, für ein markiges Zitat immer gut, war lange Zeit prominentes Mitglied der Liberalen. 16 Jahre, von 1995 bis 2011, war der in Duisburg geborene Sohn eines griechischen Gastarbeiters Mitglied im Bundesvorstand der FDP. Für sie hat der als sozialliberal geltende Politiker als Generalsekretär im Saarland die Parteigeschäfte gemanagt und zehn Jahre im Europaparlament gesessen. Anfang vorigen Jahres erklärte er dann seinen Austritt aus der FDP: Mit deren Europa-Politik sei er nicht mehr einverstanden. Drei Jahre zuvor war ihm der Doktortitel wegen einer Plagiatsaffäre aberkannt worden - der Beginn eines Karriereknicks. 2014 gründete Chatzimarkakis in Griechenland die Partei Hellenische Europabürger und kandidierte bei der Europawahl. Die Partei erreichte gerade Mal 1,4 Prozent der Stimmen und schaffte es damit - wie ihr Parteigründer - nicht ins Europaparlament.
In Brüssel ist Chatzimarkakis trotzdem wieder. Der TV hat ihn zur Zukunft Griechenlands befragt.
Wie ernst meint es die griechische Regierung mit den Reformen?
Chatzimarkakis: Jeder in Griechenland weiß, dass das politische System und auch die Verwaltung des Staates von Grund auf reformiert werden müssen. Auch die neue Regierung erkennt den Reformbedarf an. Die Bekämpfung der Steuerflucht insbesondere der superreichen Oligarchen steht ganz an der Spitze der Reformvorschläge. Die Regierung meint es offenbar wirklich ernst, man sollte sie dabei auch ernsthaft unterstützen.
Wie stehen die Griechen zu den Reformen?
Chatzimarkakis: Reformen werden dann akzeptiert, wenn sie das Land und seine Menschen auch tatsächlich weiterbringen. Wenn es jedoch ausschließlich darum geht, Geld in den Staatshaushalt zu bringen, dabei aber die Wirtschaft abgewürgt wird, dann sind die Menschen dagegen. Der Protest erfolgte an der Wahlurne und brachte zwei Parteien an die Regierung, die massiv gegen das blinde Sparen angetreten waren. In den ersten vier Wochen erfuhren die Regierung und insbesondere Ministerpräsident Tsipras eine Unterstützung von bis zu 80 Prozent in den Umfragen. Ihm wurde hoch angerechnet, dass er von den Gläubigern zumindest ernsthaft fordert, dass das Sparprogramm so nicht mehr fortgesetzt werden kann.
Wann braucht Griechenland das nächste Hilfspaket?
Chatzimarkakis: Griechenland braucht kein neues Hilfspaket, das nach dem Muster der ersten beiden gestrickt ist. Griechenland braucht einen Aufbauplan, ähnlich dem Marschall-Plan nach dem Zweiten Weltkrieg für ganz Europa. Nur so wurde das deutsche Wirtschaftswunder in der Nachkriegszeit möglich. Dieser Entwicklungsplan wird sowohl Reformen als auch konkrete Investitionsmaßnahmen vorsehen müssen, damit das Land seine Krise endlich überwindet.
Wäre ein Austritt Athens aus dem Euro eine ernsthafte Option?
Chatzimarkakis: Wirtschaftlich wäre der sogenannte Grexit eine Katastrophe für die Griechen, auch wenn die politischen Handlungsoptionen Athens dadurch steigen würden.

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