Von der Frauenquote zur Lohngleichheit

Berlin · Familienministerin Manuela Schwesig (SPD) kann erst mal aufatmen. Nach langen Streitigkeiten mit der Union wird das Gesetz zur Frauenquote in Führungspositionen an diesem Freitag im Bundestag endgültig verabschiedet.

Berlin. Wenn die Bundesfamilienministerin über die Verwirklichung des sozialdemokratischen Schlüsselprojekts "Frauenquote in Führungspositionen" Glücksgefühle empfindet, dann dürften diese nur von kurzer Dauer sein. Denn mit ihrem nunmehr geplanten Gesetz zur Lohngleichheit von Frau und Mann steht der großen Koalition neuer Ärger ins Haus. "Dagegen wird der Widerstand gegen die Quote nur ein laues Lüftchen gewesen sein", ahnt man im Ministerium. Schließlich gehe es jetzt auch ums Geld der Unternehmer.
Die Front gegen Schwesig formiert sich schon seit einigen Tagen. In ersten internen Gesprächen mit Vertretern von Gewerkschaften und Arbeitgebern hatte die Ministerin ihre Vorstellungen konkretisiert. Demnach sollen Arbeitnehmer einen individuellen Auskunftsanspruch bekommen, wenn sie sich bei der Bezahlung gegenüber anderen Kollegen benachteiligt sehen. Schon nach geltendem Recht ist es nicht erlaubt, die gleiche Arbeit von vergleichbaren Mitarbeitern unterschiedlich zu vergüten. Für Zuwiderhandlungen muss aber der betroffene Arbeitnehmer Beweise liefern. Hier will Schwesig in Zukunft offenbar die Arbeitgeber stärker heranziehen. So sollen Unternehmen ab 500 Beschäftigten dazu verpflichtet werden, in ihrem regelmäßigen Lagebericht nach dem Handelsgesetzbuch künftig auch zur Frauenförderung und Entgeltgleichheit Stellung zu nehmen.
Die Wirtschaft, der die kürzlich eingeführten Dokumentationspflichten zum Mindestlohn noch schwer im Magen liegen, zeigte sich naturgemäß wenig angetan. Der Zentralverband des Deutschen Handwerks sprach von einem "Klima des Misstrauens und der Ausforschung". Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer befand, dass die Pläne nur zusätzlichen Aufwand für Unternehmen mit sich brächten, aber an den Entgeltunterschieden nichts ändern würden. In die gleiche Kerbe schlägt auch der Wirtschaftsflügel der Unionsfraktion im Bundestag. Die Unternehmen hätten durch den Mindestlohn sowie die neu geregelte Pflegeauszeit und die Frauenquote schon genug Belastungen am Hals.
Untersuchungen zufolge verdienen Frauen im Schnitt 22 Prozent weniger als Männer. Das erklärt sich damit, dass Männer häufiger in besser bezahlten Branchen anzutreffen sind und Frauen viel öfter in Teilzeit arbeiten. Lässt man diese Faktoren beiseite, reduziert sich die Lohnlücke auf sieben bis acht Prozent. Hier geht es tatsächlich um Diskriminierung, die Schwesig beseitigen will. Dass dabei nicht alle SPD-Träume wahr werden, dürfte jetzt schon feststehen. Auch bei der Frauenquote wollten die Genossen der Wirtschaft ursprünglich viel strengere Vorgaben machen. Aber buchstäblich in letzter Minute konnte die Union noch Korrekturen durchsetzen. Ministerin Schwesig muss sich also erneut warm anziehen. Dem Vernehmen nach will sie ihren Gesetzentwurf zur Lohngleichheit noch vor der Sommerpause vorlegen.

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