Von einem Tag im Mai

Mainz · Nach Vorwürfen gegen Ministerpräsidentin Malu Dreyer hat das rheinland-pfälzische Innenministerium einen Schriftwechsel mit der KPMG veröffentlicht. Die Dokumente verdeutlichen Konflikte beim Hahn-Verkauf.

Von einem Tag im Mai
Foto: klaus kimmling (kik), klaus kimmling ("TV-Upload kimmling"

Mainz. Der 19. Mai ist ein Donnerstag, den Randolf Stich in seinem Leben wohl nicht vergessen wird. Der Mainzer Innenstaatssekretär verhandelt an diesem Tag mit der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG und Anwälten des chinesischen Hahn-Bieters SYT über den Verkauf des Hunsrück-Flughafens.
Von mittags bis abends sei über den Vertrag gesprochen worden, ehe die SYT zum Schluss etwas beantragt habe: Es gebe noch eine Veränderung in der Gesellschafterstruktur. "Wir waren alle sehr angefressen", sagt Stich. Erst um 22 Uhr sei man nach dem Eklat auseinandergegangen, elf Tage später gab es dann doch freie Bahn für SYT - und doch scheiterte der Deal später. Der 19. Mai und das, was danach folgte, hat die Regierung in eine schwere Krise getrieben. Wie sehr sie den Schlamassel selbst verschuldet hat, dazu spalten sich die Meinungen - wie der veröffentlichte Schriftwechsel zwischen dem Innenministerium und der KPMG zeigt.

Das sagt die KPMG: Die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft schreibt in einem Brief am 21. Juli, sie habe Randolf Stich nach dem Gesellschafterwechsel empfohlen, die Gespräche mit SYT vorerst auf Eis zu legen. Doch dieser habe nach kurzer Unterbrechung entschieden, die Verhandlungen fortzusetzen. Weil es an Handlungsalternativen fehle - und Ministerpräsidentin Malu Dreyer von Zeitdruck gesprochen habe. Tage später habe das Land einen Beurkundungstermin mit der SYT festgelegt - obwohl eine Reihe von Dokumenten gefehlt habe. Auch auf eine Bankbürgschaft der SYT habe die Regierung verzichtet.

Das sagt die Regierung: "Wir haben die tatsächlichen Geschehnisse in der Darstellung der KPMG nicht wiedererkannt", sagt Randolf Stich. Es habe nach dem Gesellschafterwechsel am 19. Mai keine Unterbrechung gegeben - und erst recht kein Gespräch mit Malu Dreyer. Die Ministerpräsidentin habe er erst am 24. Mai über den Stand der Verhandlungen informiert. In den operativen Verkaufsprozess sei sie nicht eingebunden gewesen, auch Zeitdruck habe sie nicht gemacht. Den Vertrag mit der SYT abzuschließen, sei an Voraussetzungen gekoppelt gewesen, die laut KPMG zum 30. Mai vorgelegen hätten - wie eine (sich später als mutmaßlich gefälscht herausstellende) Bankbescheinigung über 27 Millionen Euro Guthaben auf einem Konto der SYT. Auf eine Bürgschaft der Bank habe das Land nach den Verkaufsbestimmungen keinen Anspruch gehabt, sagt die Regierung. In einem Schreiben an die KPMG vom 25. Juli schiebt Innenminister Lewentz den Wirtschaftsprüfern eine Verantwortung an dem gescheiterten Hahn-Verkauf zu: "KPMG hat in den ersten beiden Phasen des Verkaufsprozesses die Kommunikation mit den Bietern ohne Beteiligung des Landes geführt und in der dritten Phase unter nur punktueller Einbeziehung des Landes."

Das sagt die Opposition: Die CDU schreibt, Innenminister Roger Lewentz habe in seinem Schreiben an die KPMG deren Argumentation nicht entkräftet. Bestätigt fühlt sie sich durch eine erneute Antwort der Wirtschaftsprüfer an das Ministerium vom 26. Juli. Dort heißt es, die Darstellungen der KPMG bleiben "unbestritten". Lewentz schrieb zuvor aber in seinem Brief, die Behauptungen der Wirtschaftsprüfer seien unrichtig. In einem persönlichen Gespräch habe man sich später geeinigt, unterschiedliche Positionen zu einem späteren Zeitpunkt zu klären, um den Hahn-Verkauf voranzutreiben.
Zum 30. September stellt der Frachtabfertiger Air France Cargo am Hunsrückflughafen Hahn den Betrieb ein. Nun wehren sich Mitarbeiter dagegen, schon vor Verhandlungen mit dem Arbeitgeber nach Frankfurt versetzt worden zu sein. Der Betriebsrat hat in diesem Zusammenhang eine einstweilige Verfügung beim Arbeitsgericht Bad Kreuznach beantragt.
Verhandlungstermin in der Sache ist der 8. September.

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