Was wird aus Europa? Wochenende der Entscheidungen: Wahlen in Österreich, Referendum in Italien

Trier · Wohin steuert Europa? Erst der Brexit, jetzt möglicherweise ein rechtspopulistischer Präsident in Österreich. Und in Italien könnte es eine Regierungskrise geben. Steht die EU vor einer Zerreißprobe?

Die Stimmung in Europa ist nicht gut vor diesem Sonntag. Erst das Brexit-Votum, dann die Trump-Wahl. Nun könnte in Österreich der Rechtspopulist Norbert Hofer die Präsidenten-Wahl gewinnen und in Italien eine schwere Krise drohen, wenn Regierungschef Matteo Renzi mit seinem Referendum über Verfassungsänderung scheitert.

Noch vor ein paar Jahren hätte Brüssel diesem Wahlsonntag einigermaßen gelassen entgegengesehen. Doch die EU ist geschwächt von Krisen und Breitseiten, von Selbstzweifeln und Populismus - und seit der Wahl des Milliardärs Donald Trump in den USA hält man fast alles für denkbar, sogar ein Auseinanderbrechen der Union.

Auch der Trierer Politikwissenschaftler Joachim Schild schließt das oder auch das Ausscheiden einzelner EU-Mitglieder nicht aus. Sollte die Volksabstimmung in Italien scheitern und die dortige Regierung zurücktreten, droht nach Ansicht von Schild, dass die Euro-Krise erneut eskaliert. "Das würde die Euro-Zone schwer erschüttern."

Die beiden rheinland-pfälzischen Europaabgeordneten Werner Langen (CDU) und Norbert Neuser (SPD) sehen das nicht so skeptisch. Die Wahlen in Österreich und das Verfassungsreferendum in Italien seien in erster Linie nationale Entscheidungen, sagt Langen. "Dadurch wird die EU nicht auseinanderbrechen." Auch Neuser geht davon aus, dass die Entscheidungen "keine dramatischen Auswirkungen auf Europa haben werden". "Allerdings", so Neuser, "wird die mögliche Wahl des Rechtspopulisten Hofer in Österreich und die Ablehnung des Referendums in Italien Wasser auf die Mühlen der Europafeinde sein."

Der Politikwissenschaftler Schild sieht in den wachsenden sozialen Ungleichheiten in Europa einen Grund für zunehmenden Rechtspopulismus und Erfolge von Linkspopulisten. Man müsse den Euro-Skeptikern den Wind aus den Segeln nehmen, fordert die Ludwigshafener SPD-Europapolitikerin Jutta Steinruck. Die Menschen müssten davon überzeugt werden, dass Europa auch für wirtschaftlichen Fortschritt stehe. Bundespräsident Joachim Gauck hat einen stärkeren Einsatz für den Erhalt der EU und gegen Abschottung und Ausgrenzung gefordert.

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