Wellnesskur fürs römische Weltkulturerbe

Augusta Treverorum · Wo einst gebadet, gehuldigt oder auf Leben und Tod gekämpft wurde, müssen nun dringend die Baukellen geschwungen werden. Das Land will das Trierer Römererbe in den kommenden Jahren für zig Millionen Euro sanieren.

Augusta Treverorum. Heißes Wasser plätschert in den Becken, die in die Nischen des Caldariums eingelassen sind. In den Dampfschwaden sitzen Männer, die verschwörerisch ihre Köpfe zusammenstecken. Zu gerne würde er hören, was sie besprechen. Gibt es schon wieder einen Skandal am Kaiserhof? Oder schließen die beiden gerade ein dickes Geschäft ab, an dem er sich selbst zu gerne beteiligt hätte? "Blöder Sänger", denkt der Weinhändler mit genervtem Blick auf den Mann, dessen laute Stimme von den hohen, reich verzierten Wänden widerhallt und ihm das Lauschen unmöglich macht. Naja, vielleicht ist es im Hallenschwimmbad, der Hauptattraktion der Barbarathermen, ruhiger. Sonst geht es durchs lauwarme Tepidarium eben gleich weiter ins Kaltwasserbad. Ein Raum, dessen Dimensionen Besucher beeindrucken. So hoch ist er, dass selbst eines der Stadttore problemlos hineinpassen würde. Vielleicht lässt sich dort erfahren, was am Hof los ist …
Szenen wie diese könnten sich vom zweiten bis zum fünften Jahrhundert in den Barbarathermen zugetragen haben. Über 4,2 Hektar Land erstreckte sich die zweitgrößte Badeanlage des Römischen Reiches entlang der Prachtstraße Decumanus Maximus. Heute allerdings braucht man eine gehörige Portion Fantasie, um das antike Leben Triers beim Anblick der Weltkulturerbestätte wieder auferstehen zu lassen. Hinter einem maroden Zaun schützen Dächer die Mauern notdürftig vor weiterem Verfall. Seit 2003 ist die Anlage für Besucher geschlossen. Lediglich eine kleine Infoplattform erinnert an die goldenen Zeiten.
Das soll sich bald ändern. Wie so manch anderes rund um die Römerbauten der ehemaligen Kaiserstadt. Denn das Land Rheinland-Pfalz hat einen Managementplan für die Sanierung und touristische Erschließung der Denkmäler entworfen. Diesen stellte Finanzministerin Doris Ahnen (SPD) am Donnerstag bei strahlendem Sonnenschein in den (etwas kleineren) Kaiserthermen vor. Bis 2028 will das Land jährlich zwei bis drei Millionen Euro investieren, um die Bausubstanz des römischen Unesco-Weltkulturerbes zu sichern und Besuchern mehr zu bieten.
Trotz der hohen Ausgaben scheint die Finanzministerin dies nicht als Last zu empfinden. "Immer, wenn ich in Trier bin, freue ich mich, mit diesen alten Steinen in Berührung zu kommen. Es übt eine unglaubliche Faszination aus, das Geschehen in diesen Denkmälern nachzuempfinden", sagt Ahnen, die in Trier großgeworden ist. Und der neue Oberbürgermeister Wolfram Leibe (SPD) dankt für die Verantwortung, die das Land für die touristischen Highlights der Stadt übernimmt. Folgendes ist geplant:
Kaiserthermen: Untersuchungen haben gezeigt, dass die monumentale Ruine aus dem 4. Jahrhundert sich in einem schlechten Zustand befindet: Pflanzen haben die Fugen erobert, Mörtel bröckelt und Steine drohen, aus den Wänden zu brechen. Insbesondere im Caldarium (Warmwasserbad) und in den Kellergängen ist der Handlungsbedarf hoch. Die 19 Meter hohen Wände der Apsis sind bereits eingerüstet, der außen vorbeilaufende Fahrradweg ist gesperrt und die Notsicherung läuft.
Bis 2028 soll der gesamte Komplex in fünf Bauschritten saniert werden. Begonnen wird 2017 mit dem Caldarium. Allein die Vorarbeiten - Schadenserfassung, Gerüste und Verkehrssicherung - kosten bis 2016 etwa 3,5 Millionen Euro.
Wenn alles fertig ist, sind die Thermen auch im Rollstuhl bequem zu besichtigen. Bis dahin informieren Tafeln über die "größte römische Baustelle" Triers. In der Eingangshalle erwartet Besucher schon jetzt ein Film über die Anlage, ab Mai soll es auch Multimediaführer geben.
Porta Nigra: Die 1,2 Millionen Euro teure Untersuchung zwischen 2012 und 2014 hat gezeigt: Das antike Stadttor ist besser in Schuss als gedacht. Statische Probleme hat das Trierer Wahrzeichen jedenfalls nicht. Daher wurde die Sanierung auf 2020 vertagt. Trierer dürfen sich nicht nur über fünf gerüstfreie Jahre freuen, sondern auch darüber, dass die Porta Nigra schwarz bleibt.
Zwar müssen dunkle Krusten entfernt werden, die dem Sandstein schaden. Auch braucht die Porta neuen Mörtel und ein neues Dach. Am Gesamtbild wird dies jedoch wenig ändern. Innendrin sind bereits jetzt einige Veränderungen spürbar: Besucher können das Stadttor mit Multimedia-Guides durchstreifen, ein Modell informiert über das antike Trier und ab Juni gibt es in der Simeonsklause eine multimediale Inszenierung zum Leben des Heiligen.
Amphitheater: Das älteste Trie rer Römerdenkmal (erbaut ums Jahr 100) bot in seinem Oval einst 18 000 Zuschauern Platz. Die torbogenförmigen Zugänge, durch die sie strömten, um die Gladiatoren kämpfen zu sehen, müssen saniert werden. Da es von den gegenüberliegenden Rängen so aussah, als würden die Zugänge Zuschauer ausspeien, werden sie Vomitorien genannt. Die Mauern mehrerer Vomitorien sind bereits gesichert. In einem der tunnelartigen Gänge wurden römische Putze und Malereien entdeckt, die es nun zu konservieren gilt. Kosten: 1,1 Millionen Euro. Ab 2022 sind die Arena-Umgänge dran. Künftig soll die Geschichte auch an jenem Ort, wo einst brutale Spiele ausgetragen wurden, mithilfe von multimedialen Angeboten lebendig gemacht werden.
Konstantin-Basilika: Bis Ende 2015 wird die imposante Palast aula Kaiser Konstantins, die heute als evangelische Kirche genutzt wird, nicht nur über einen besseren Brandschutz, sondern auch über Toiletten verfügen (Kosten: 430 000 Euro). Absehbar ist, dass das Dach saniert werden muss. Ab 2021 werden die großen Spezialziegel in Auftrag gegeben. Bis 2025 soll alles fertig sein.
Igeler Säule: Bereits 2014 wurde mit der Sanierung des größten erhaltenen Grabmonuments nördlich der Alpen begonnen. Wie bei der Porta Nigra müssen dort schwarze Krusten mit Lasertechnik entfernt und zudem Fehlstellen ergänzt werden. Im Sommer 2015 sollen die 275 000 Euro teuren Arbeiten abgeschlossen sein.
Die reichen Reliefs auf dem quadratischen Sandsteinpfeiler erinnern an das Leben eines Tuchhändlers und zeugen von der wirtschaftlichen Blüte des Trierer Landes in römischer Zeit. Damit die Säule wieder von allen Seiten gut zu sehen ist, wird auch das verwilderte, 1908 angelegte Parkgelände hinter dem Denkmal in Zusammenarbeit mit der Ortsgemeinde Igel für 125 000 Euro in Schuss gebracht.
Barbarathermen: An den einstigen Prunkthermen sind keine riesigen Investitionen geplant. Noch bis Ende 2016 laufen Sicherungsarbeiten (Kosten: 460 000 Euro): Humus und Pflanzen werden entfernt, Schutzdächer gebaut, Mauern überkront und der marode Zaun repariert. Allerdings soll es ab Juni einen Steg mit Infotafeln geben, auf dem Besucher quer über das Gelände des römischen Wellnesstempels wandeln und über die Vergangenheit nachdenken können. Einige Meter über jenem Ort, an dem vor 1700 Jahren womöglich Weinhändler im warmen Wasser saßen und auf Neuigkeiten vom Kaiserhof hofften.Extra

Für die Römerbrücke gibt es aktuell keine Sanierungspläne. Die Stadt hatte sich 14 Millionen Euro aus dem neuen Förderprogramm "Nationale Projekte des Städtebaus" erhofft. Doch der Traum platzte im November 2014. Das Konzept sah Folgendes vor: Die alten Laternen und Geländer weg, dafür neue Oberflächen, ein passendes Beleuchtungskonzept, bessere Fußgängerwege, ein neuer Brückenkopf und ein Café und Informationszentrum am östlichen Ufer. Ein Konzept, das der neue Oberbürgermeister Wolfram Leibe als hervorragend bezeichnet. Es gebe nun den Vorschlag, die Bürgersteige breiter zu machen, damit die Brücke für Touristen attraktiver wird, sagt Leibe. kah/woc

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