Wende vor dem Flugzeugträger: Senator Paul Rand will US-Präsident werden

Washington · Rand Paul stand einmal für den weltpolitisch zurückhaltenden, ja isolationistischen Flügel der Republikaner. Doch auch er passt sich an, denn mittlerweile segeln die Interventionisten wieder im Aufwind, während die Erinnerung an George W. Bushs Exzesse verblasst.

Der Flugzeugträger Yorktown, getauft nach einer Schlacht des amerikanischen Unabhängigkeitskrieges, hat schon etlichen Kandidaten als patriotische Kulisse gedient. Einst stellte sich John Kerry vor das graue Museumsschiff in South Carolina, um seine Bewerbung fürs Weiße Haus zu verkünden, ein Vietnamkriegsveteran, der seine Erfahrung in Uniform herausstellen wollte.

Später pilgerten Wahlkämpfer wie John McCain oder Mitt Romney zur "Fighting Lady", wie der maritime Koloss unter Liebhabern heißt. Nun folgte Rand Paul, um zum Auftakt seiner Kampagne eine Rede über Krieg und Frieden zu halten. Und um an der Basis den Verdacht zu zerstreuen, er sei ein Peacenik. Einer, der blauäugig von einer harmonischen Welt träumt, ohne den Einsatz harter Mittel zu erwägen.

Paul vor einem Flugzeugträger: Was für eine Wende! Es ist noch nicht lange her, da nahm der Senator aus Kentucky polemisch die Falken aufs Korn, die Lasst-uns-einmarschieren-und-später-nachdenken-Fraktion, wie er sie nannte. Er zitierte den legendären Diplomaten George Kennan, der davon sprach, dass man lernen müsse, zwischen vitalen und peripheren Interessen zu unterscheiden.

Bei weitem nicht jeder Krisenherd des Planeten berühre Amerika, wollte der frühere Augenarzt mit Kennans Worten sagen. In dem Versuch, die Beförderung des Antiterrorexperten John Brennan an die Spitze der CIA zu verhindern, stand er einmal 13 Stunden hinterm Rednerpult und wetterte gegen die Drohnenangriffe, wie sie Barack Obama in Pakistan oder im Jemen befiehlt. "Ich rede solange, bis der Präsident reagiert und sagt, nein, wir töten Sie nicht, wenn Sie nachts in Ihrem Bett liegen, nein, wir werfen keine Bomben auf Gasthäuser." In einem Satz, Paul symbolisierte jenen Flügel der Republikaner, der aus den militärischen Abenteuern George W. Bushs den Schluss zog, dass man den Rest der Welt am besten sich selbst überlässt. Seinen außenpolitischen Ansatz verstand er als logische Folge seiner libertären Ideologie: Ein schlanker Staat soll sich möglichst wenig einmischen, sowohl wirtschafts- als auch weltpolitisch.

Noch vor zwei Jahren sah es so aus, als schwimme der Außenseiter Paul mitten im Mainstream. Die Amerikaner waren kriegsmüde, von Bush wollten sie ohnehin nichts mehr wissen. Eine klare Mehrheit unterstützte Obama, als der einen bereits angekündigten Raketenschlag gegen Syrien abblies und entschied, sich trotz des Einsatzes von Chemiewaffen nicht in den Bürgerkrieg einzumischen. Heute liegen die Dinge anders. Umfragen zufolge ist etwa die Hälfte der Republikaner der Meinung, Washington tue zu wenig, um internationale Probleme zu lösen.

Noch im Herbst 2013 hatte nur knapp ein Viertel diese Ansicht vertreten. Teils ist der Stimmungswandel auf den Schock zurückzuführen, den das Land erlitt, als Barbaren des "Islamischen Staats" (IS) amerikanische Geiseln enthaupteten. Teils liegt es am Aufschwung. Die Wirtschaftsmalaise, die seit der Finanzkrise die Prioritäten bestimmte, gilt als überwunden. Die Konjunktur erlaubt es den Kandidaten, sich wieder dem Globus zuzuwenden.

2016 könnte die Außenpolitik, was ungewöhnlich ist, die erste Geige im Wahlduell spielen. Und auf diesem Feld versuchen die Republikaner zu punkten, indem sie Obama Verzagtheit vorwerfen, einen Kurs voller Selbstzweifel, dem eine robuste, selbstbewusste Korrektur folgen müsse. So wie einst, als Ronald Reagan auf Jimmy Carter folgte.

Kein Konflikt, für dessen Lösung die Interventionisten in den Reihen der "Grand Old Party" nicht handfeste Vorschläge machen. Bodentruppen sollen in den Kampf gegen die IS-Milizen ziehen, die Ukraine soll amerikanische Waffen erhalten. Den Iran lässt man wissen, dass der nächste US-Präsident ein Atomabkommen jederzeit aufkündigen kann. Am weitesten geht John Bolton, Bushs früherer UN-Botschafter, der empfiehlt, die Nuklearanlagen in Natanz, Fordo, Arak und Isfahan zu attackieren, um das iranische Atomprogramm um drei bis fünf Jahre zurückzuwerfen. Auch Bolton spielt übrigens mit dem Gedanken, sich ums Oval Office zu bewerben.

Ted Cruz, ein texanischer Tea-Party-Senator, will das IS-Kalifat "zurück in die Steinzeit" bomben. Auch Marco Rubio, ein Senator aus Florida mit kubanischen Wurzeln, predigt kompromisslose Härte. Nur Jeb Bush, der Favorit der Konservativen, gibt einstweilen die Sphinx. Welche Lehren er zieht aus den Fehlern seines Bruders, behält er bislang für sich.

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