Wenn das Geld für Gesundheit fehlt

Trier · Manchmal fehlt nur das Geld für eine neue Brille, oft kann aber auch die Zuzahlung zum Medikament nicht bezahlt werden: Auch in der Region Trier kann sich eine zunehmende Zahl von Menschen Gesundheit nicht mehr leisten.

Es sind längst nicht nur Obdachlose, die täglich in die Wohnungslosenambulanz des Trierer Brüderkrankenhauses kommen. Auch Leute, die gerade aus der Haft entlassen wurden, Nicht-Versicherte, Hartz-IV-Empfänger, oder einfach Menschen, "bei denen es nicht reicht, um Gesundheitsleistungen zu zahlen", sagt Christiane Langenkamp. Die Internistin arbeitet seit 2009 ehrenamtlich in der Ambulanz, die in einer Villa am Rande der Klinik untergebracht ist.

Vier bis fünf Patienten behandelt die Ärztin dort täglich. Menschen, die ohne die kostenlose Hilfe von Langenkamp und Bruder Elias vom Orden der Barmherzigen Brüder - er ist der Leiter der Ambulanz - durch das Netz des Gesundheitssystems fallen würden. Natürlich bestehe ein Zusammenhang zwischen Armut und Krankheit, sagt Langenkamp.

Das hat auch Bernd Kettern festgestellt. Immer öfter suchten Geringverdiener Hilfe, weil sie sich die Zuzahlungen zu Medikamenten nicht mehr leisten könnten, sagt der Direktor der Trierer Caritas. Allein im Jahr 2012 habe der Verband fast 20 000 Euro Beihilfen für solche Menschen gezahlt. Darunter fielen viele Zuzahlungen Zahnersatz, Medikamente oder einfach nur neue Batterien fürs Hörgerät. Von der Krankenkasse würden diese nicht bezahlt. Genau wie Brillen.

Das betraf auch den älteren Herrn, den Kettern immer wieder durch Zufall traf, der aber zumeist verschämt zu Boden blickte. Erst als er ihn angesprochen habe, habe der Mann gesagt, dass er seit vielen Jahren eine viel zu schwache Brille trage, sich aber eine neue nicht leisten könne.
Die Caritas habe ihm dann geholfen, sagt Kettern.

"Armut macht krank", sagt Günther Matheis, Vorsitzender der Bezirksärztekammer. Auch in der Region sei zunehmend festzustellen, dass sich Menschen Gesundheit nicht mehr leisten könnten, sagt der Mediziner. "Armut ist längst kein Phänomen nur mehr in Großstädten." Auch auf dem Land gebe es zunehmend sogenannte versteckte Armut - Menschen, die sich aus Scham nicht trauten, Hilfe in Anspruch zu nehmen.Mehrfache Benachteiligung


Und das habe fatale Folgen. "Menschen mit niedrigem Einkommen haben eine geringere Lebenserwartung", sagt Matheis. Auch bestünde bei ihnen ein größeres Risiko etwa für Herzinfarkt, Diabetes oder chronische Bronchitis. Auch deshalb, weil sie oft ungesünder lebten, als Menschen mit mehr Geld. Weil sie sich gesündere Lebensmittel nicht leisten könnten, sagt Matheis. Das Deutsche Krebsforschungszentrum hat in einer Studie festgestellt, dass ärmere Menschen schlechtere Überlebenschancen bei Krebs haben.

Auch wenn der Strom nicht mehr bezahlt werden kann, habe das Auswirkungen auf die Gesundheit, sagt Caritas-Direktor Kettern. "Kälte, Schimmel, schlechte Wohnverhältnisse tragen zu Krankheit und Mangelversorgung bei." Und nicht nur das. Mit Strom würden auch Beatmungsgeräte etwa von Lungenkranken betrieben. Schon so manches Mal habe die Caritas dafür die Stromrechnung bezahlt.Extra

"Armut und Gesundheit" lautet der Titel einer Veranstaltungsreihe der Bezirksärztekammer Trier und des Caritasverbands Trier. In vier Vorträgen beschäftigen sich Wissenschaftler, Mediziner, Sozialexperten und Theologen mit dem Thema. Auftakt ist am morgigen Donnerstag, 15. Mai, 19 Uhr, in der Ärztekammer in Trier mit einem Vortrag des Hamburger Soziologen Olaf von Knesebeck über die "gesundheitlichen Auswirkungen von Armut". Anmeldung unter Telefon 0651/99475910 oder unter info@aerztekammer-trier.de

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