Wenn die Hotels leer bleiben: Pariser Tourismus leidet unter den Anschlägen

Paris · Paris brechen nach den Anschlägen die Touristen weg. Doch die meistbesuchte Stadt der Welt kämpft um ihre Besucher.

"Ja, natürlich macht uns das Angst", sagt ein Familienvater, nachdem die französische Polizei am Donnerstag einen Mann mit zwei Pistolen in einem Hotel des Pariser Disneyland festgenommen hat. Der Verdächtige musste beim Einchecken einen Metalldetektor passieren, der sofort Alarm gab. Solche Sicherheitsschleusen sind seit den Anschlägen vom 13. November überall in Paris üblich: in Kaufhäusern, Theatern und Museen. Vor den Bahnhöfen patrouillieren schwer bewaffnete Soldaten in Dreiergruppen und an den Champs Elysées stehen Fahrzeuge mit der Aufschrift "Vigipirate". So heißt der Anti-Terrorplan, der seit den Attentaten die höchste Alarmstufe erreicht hat.

Wirklich sicher fühlen sich die Touristen trotzdem nicht: Auf rund 25 Prozent weniger schätzen Hotels die Besucherzahlen zur Jahreswende. Eine Zahl, die laut dem Pressesprecher der französischen Tourismuszentrale Atout France, Thomas Schmidt, auch ungefähr den Rückgang deutscher Touristen widerspiegelt. Die französische Hauptstadt werbe deshalb in diesem Jahr besonders um Besucher und schicke sogar den stellvertretenden Bürgermeister Jean-François Martins im März zur Internationalen Tourismus-Börse ITB in Berlin. "Paris ringt um seine Stellung und will sich in Erinnerung bringen."

Bürgermeisterin Anne Hidalgo selbst will demnächst zusammen mit der Präsidentin der Region Ile de France, Valérie Pecresse, nach Japan reisen, um für Paris zu werben. "Wir fliegen nach Japan, um die Leute zu beruhigen und ihnen zu sagen, dass sie in aller Sicherheit kommen können", kündigte Hidalgo diese Woche bei ihren Neujahrswünschen an. Bei Besuchern aus Japan und Russland ist der Rückgang mit mehr als 30 Prozent besonders spürbar. "Die Kunden, die am stärksten wegbrachen sind auch die, die am meisten Geld mitbrachten", bedauerte der Leiter des regionalen Tourismusbüros CRT-IDF, François Navarro, bei der Vorstellung der Zahlen vor zehn Tagen.

"Paris we love you"

"Die Leute haben keine Lust, die Orte zu besuchen, wo so viele schlimme Dinge passiert sind", bemerkt eine amerikanische Touristin im Fernsehen. Wie in Paris ging auch in New York der Tourismus nach den Anschlägen 2001 zurück. Vier Jahre dauerte es, bis sich die Besucherzahlen des "Big Apple" wieder erholten. Für Paris steht viel auf dem Spiel, ist die Stadt der Liebe doch mit mehr als 40 Millionen Besuchern jährlich das Touristenziel Nummer eins weltweit. "Paris we love you" lautet deshalb das Motto einer Kampagne, die im Dezember startete. Parisliebhaber können da im Kurznachrichtendienst Twitter Fotos der Stadt veröffentlichen, die trotz der Anschläge weiterlebt. "Diese Solidaritätskampagne soll daran erinnert, dass Paris das bleibt, was es war: die Stadt, die wir lieben, weil sie die Welt empfängt", schreiben die Initiatoren, darunter der Hotelverband UMIH und die Staatsbahn SNCF. Zu sehen sind Fotos von Montmartre, Blumenmarkt und Cafés wie dem legendären "Flore", in dem schon Jean-Paul Sartre und Simone de Beauvoir saßen.

Doch gerade die Cafés und Bistros tun sich schwer, nach den Anschlägen wieder Kunden anzuziehen. "Alle ins Bistro" hieß der Slogan, mit dem Gastronomen schon drei Tage nach den Anschlägen warben. Aber noch immer bleiben sogar in den beliebtesten Restaurants am Wochenende Tische leer. Drei der Lokale, die am 13. November von den Attentätern angegriffen wurden, haben inzwischen wieder geöffnet. Zuletzt nahm am 13. Januar das "Carillon", in dem 15 Menschen starben, den Betrieb wieder auf. "Wir werden weiterleben. Wir sind wieder da", begrüßte ein Angestellter die Gäste - und hob sein Champagnerglas.

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