Wer kauft den Hahn? - 32 Stationen eines Debakels

Nachdem die rheinland-pfälzische Landesregierung den schon unterzeichneten Verkauf des Flughafens Hahn gestoppt hatte, setzte sie ein zweites Bieterverfahren in Gang. Am Freitag nun ist dabei die Frist an die Bieter abgelaufen, konkrete Angebote vorzulegen. Geht der Verkaufsprozess diesmal besser aus? Hier noch einmal das Geschehen der vergangenen Monate im Überblick.

12. Januar 2016: Es wird bekannt, dass ein chinesischer Interessent den Airport Hahn kaufen will.13. März: Bei der Landtagswahl gewinnt die SPD vor der CDU.20. April: Die Beraterfirma KPMG, die den Verkaufsprozess organisiert, weist darauf hin, dass die Selbstauskunft der Shanghai Yiqian Trading (SYT) und offizielle Register nicht übereinstimmen.18. Mai: Der Landtag konstituiert sich nach der Landtagswahl, Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) wird vereidigt. Die Vorlage für die Kabinettssitzung zum Hahn-Verkauf geht an die Staatssekretäre.19. Mai: Ein Gesellschafterwechsel bei SYT wird bei einem Treffen zwischen Landesregierung und KPMG in Frankfurt bekannt. Beide Seiten erwägen einen vorläufigen Abbruch der Verhandlungen, vereinbaren aber die Fortsetzung. 24. Mai: Erste Kabinettssitzung der neuen Ampel-Regierung. Es gibt noch keine Entscheidung über den Flughafen-Verkauf.30. Mai: KPMG kündigt mündlich an, dass es für den Verkauf grünes Licht gibt. Der schriftliche Bericht geht am 16./17. Juni nach Mainz.2. Juni: Die Landesregierung und SYT unterzeichnen den Kaufvertrag für den Flughafen und dort gelegene Immobilien. Der Vertrag wird notariell beurkundet, sieht aber Bedingungen wie die Zustimmung des Landtags vor.6. Juni: Das Innenministerium gibt den Verkauf auf einer Pressekonferenz bekannt. Der SYT-Bevollmächtigte Yu Tao Chou kündigt einen Ausbau des Frachtgeschäfts an.7. Juni: Erster Kabinettsdurchgang zum Gesetzgebungsverfahren. Medien berichten über erste Zweifel am Käufer, da es kaum Informationen zu dem Unternehmen gibt. Die Chinesische Handelskammer in Deutschland kennt die Firma ebenfalls nicht. Dreyer sagt: "Nach den Dingen, die wir haben überprüfen lassen, gab es für mich keinen Anlass, daran zu zweifeln, dass das ein seriöser Partner ist."9. Juni: In einer Sondersitzung dreier Landtagsausschüsse zum Verkauf fragt CDU-Fraktionschefin Julia Klöckner: "Ist der Käufer ein Heilsbringer oder ein Subventionsjäger?"10. Juni: Die Frist der Kaufpreiszahlung von SYT für Grundstücke verstreicht.14. Juni: Das Kabinett in Mainz beschließt ein Gesetz zum Verkauf. Das hessische Kabinett stimmt dem Verkauf seiner Beteiligung von 17,5 Prozent am Flughafen zu.20. Juni: Der Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Fraktion, Marco Weber, wirft der SPD vor, die Entwicklung des Flughafens "versemmelt" zu haben.21. Juni: Der SWR veröffentlicht Fotos zu einem "Hausbesuch beim Hahn-Käufer". Es gebe Pappkartons mit Drogerieartikeln, aber keinen Hinweis auf ein Logistik- oder Luftfahrtunternehmen. 22. Juni: Die CDU-Landesvorsitzende Klöckner wirft der Landesregierung von SPD, FDP und Grünen im Landtag vor, sie habe den Flughafen "an ein unbekanntes Unternehmen aus China nahezu verschenkt". KPMG mahnt den Käufer zur Zahlung des Kaufpreises für Grundstücke bis 23. Juni.23. Juni: Der Landtag berät in erster Lesung über das Flughafen-Verkaufsgesetz. SPD-Fraktionschef Alexander Schweitzer sagt, es gebe weder zum Weg der Privatisierung noch zum Weg dieses Käufers eine Alternative.24. Juni: Der Flughafen gibt ein Defizit von 17,4 Millionen Euro für das Jahr 2015 bekannt.29. Juni: Innenminister Roger Lewentz (SPD) verliest eine Erklärung, wonach SYT mit einer vereinbarten Teilzahlung in Verzug ist und eine Frist für die Vorlage von Belegen dazu versäumt hat. 30. Juni: Die CDU wirft Dreyer Wählertäuschung vor und beantragt eine Sondersitzung des Landtags. Lewentz erklärt, dass sich das Land weiter an den Vertrag gebunden fühlt und bei weiterer Nichterfüllung von Vereinbarungen "eine Art zweite Mahnung" plant. Dreyer sagt dem SWR: "KPMG hat (...) die Überprüfungen übernommen."5. Juli: Dreyer spricht erstmals von Zweifeln am Käufer des Flughafens. Innenstaatssekretär Randolf Stich (SPD) ist in Shanghai, um sich über SYT zu erkundigen.6. Juli: Es gibt in Shanghai Zweifel an einer Bankbestätigung. Lewentz teilt schriftlich mit, dass sich "ein Abbruch des Verkaufsprozesses mit dem Unternehmen SYT" abzeichne.7. Juli: In einer Sondersitzung des Landtags spricht SPD-Ministerpräsidentin Dreyer erstmals davon, dass der Bieter wohl kriminelle Absichten gehabt habe.11. Juli: Bei der Generalstaatsanwaltschaft Koblenz geht eine Strafanzeige des Innenministeriums gegen SYT ein, das dem Unternehmen Fälschung eines Bankbelegs und arglistige Täuschung vorwirft. Das Ministerium ficht den Kaufvertrag an.19. Juli: Ex-Ministerpräsident Rudolf Scharping (SPD) kritisiert KPMG im Handelsblatt.21. Juli: KPMG macht seinerseits der Landesregierung in einem Brief Vorwürfe.25. Juli: Lewentz verteidigt in seinem Antwortschreiben an KPMG das Vorgehen der Landesregierung.1. September: In einem inzwischen eingeleiteten neuen Bieterverfahren endet die Frist für neue Kaufinteressenten zur Einreichung detaillierter Unterlagen. Der Briefwechsel zwischen KPMG und Regierung wird veröffentlicht.2. September: Bis zum Ende der am Vortag abgelaufenen Bieterfrist haben 13 Kaufinteressenten Unterlagen eingereicht. Sie sollen nun von den Beratungsgesellschaften KPMG und Wart & Klein Grant Thornton geprüft und ausgewertet werden.20. September: Die Bieter werden von der Landesregierung aufgefordert, konkretere und "belastbare" Angebote abzugeben. So sollen sie eine Sicherheitsleistung von 250 000 Euro hinterlegen, die später zurückgezahlt werde.11. Oktober: Die Bieter bekommen für die Abgabe der konkreten Angebote mehr Zeit - und zwar bis 28. Oktober.28. Oktober: An diesem Tag endet um 16 Uhr die Abgabefrist in diesem zweiten Verkaufsverfahren. Minister Lewentz teilt mit, dass die Sichtung und Bewertung der Angebote einige Zeit in Anspruch nehmen wird. dpa/red

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