Wer schlägt, ist schnell den Lappen los

Trier · Nicht nur Raser, Drängler und Trinker müssen damit rechnen, ihren Führerschein zu verlieren, sondern ab dem 1. Januar auch Gewalttäter. Die Polizei hofft auf eine abschreckende Wirkung des neuen Präventionsprojekts Gelbe Karte. Der TV zeigt, wie es in der Praxis funktioniert.

Zu schnell. Zu rücksichtslos. Zu betrunken. Derzeit wird der Führerschein vor allem denen abgenommen, die die Regeln des Straßenverkehrs brechen oder Drogen konsumieren. Bald könnte es auch andere treffen. Denn ab dem 1. Januar läuft das neue Präventionsprojekt Gelbe Karte, das vor allem junge Menschen dazu bringen soll, sich an die Gesetze zu halten. Auch demjenigen, der Prügeleien anzettelt, randaliert, seine Frau schlägt, mit Drogen handelt oder sich ins Koma trinkt, droht der Verlust des Führerscheins. Hier die wichtigsten Infos zum Projekt.

Was ist das Ziel?
Gewaltopfer leiden oft jahrelang unter dem Erlebten. Auch das Sicherheitsgefühl der Allgemeinheit sinkt durch Gewaltverbrechen. Die Polizei hofft, Täter abzuschrecken, wenn ihnen nicht nur strafrechtliche Konsequenzen drohen, sondern auch der Führerscheinverlust.

Wer beteiligt sich?
Die Gelbe Karte wird auf Initiative des Polizeipräsidiums eingeführt. Mit im Boot sind sämtliche Führerscheinstellen der Region. Beteiligt sind die Städte Trier und Idar-Oberstein und die Kreisverwaltungen Trier-Saarburg, Bernkastel-Wittlich, Bitburg-Prüm, Vulkaneifel, Cochem-Zell und Birkenfeld. "Alle machen mit, dafür bin ich sehr dankbar", sagt Polizeipräsident Lothar Schömann.

Wie funktioniert das Ganze in der Praxis?
Die Polizei informiert die Führerscheinstellen schon jetzt, wenn auffällt, dass jemand sich womöglich nicht als Autofahrer eignet - zum Beispiel Drogenkonsumenten. In Zukunft werden die Polizeiinspektionen auch die Namen derer weitergeben, die Rohheitsdelikte wie Körperverletzung oder Raub begehen. Die Führerscheinstellen prüfen dann im Einzelfall, ob der Betroffene eine Warnung in Form eines gelben Briefes erhält. Wer mehrfach auffällt, muss damit rechnen, dass ihm der Führerschein weggenommen wird oder dass er eine teure ärztliche oder medizinisch-psychologische Untersuchung hinter sich bringen muss.

Was ist mit Jugendlichen, die noch keinen Führerschein haben?
Auch sie werden von den Führerscheinstellen verwarnt. Je öfter sie auffallen, desto größer, zeitaufwendiger und kostspieliger die Hürden, den begehrten Lappen überhaupt zu bekommen.

Nach welchen Kriterien wird verwarnt?
Polizeipräsident Lothar Schömann kündigt an, dass 100 Prozent derer den Führerscheinstellen gemeldet werden, die andere schwer verletzen, berauben oder gar töten. Das betreffe in der Region jährlich mehr als 500 Täter. Insgesamt registriert das Präsidium jährlich rund 5000 Körperverletzungen und Raubdelikte. Bei den minder schweren Vergehen soll im Einzelfall entschieden werden. Hinzu kommen Drogendelikte und Fälle von Alkoholmissbrauch. Die Führerscheinstellen kündigen an, jeden Einzelfall zu prüfen, ehe sie einen gelben Brief verschicken.

Mit wie vielen Gelben Karten ist zu rechnen?
Das ist abzuwarten. Auf der Grundlage der Mitteilungen, die die Polizei den Führerscheinstellen jetzt schon macht, wären es im Kreis Bernkastel-Wittlich im vorigen Jahr 170 gewesen. Überraschend niedrig sind Zahlen aus Gießen (Stadt und Kreis), wo die Polizei in vier Jahren 475 Mitteilungen machte und nur 264 Gelbe Karten versendet wurden.

Werden jetzt immer erst Gelbe Karten verschickt?
Nein! An den bisherigen Regelungen ändert sich nichts. Wer Unfallflucht begeht, unter Einfluss von Amphetamin fährt oder acht Punkte in Flensburg hat, ist seinen Führerschein sofort los.

Wie wird das Projekt bewertet?
Andere Pilotregionen berichten von guten Erfahrungen und geringen Rückfallquoten der Verwarnten. Trier hatte sich nach Karneval 2012 gegen die Gelbe Karte entschieden. In der Bewertung hieß es, zwar sei stets von Erfolgen die Rede - belegt würden diese jedoch nicht. Auch missfiel, dass die Gelbe Karte sich zur Suchtprävention nicht eigne, da sie erst zum Einsatz komme, wenn etwas passiert sei. Schömann hingegen sagt: "Ich glaube, dass wir damit gute Erfahrungen machen werden." Eine erste Zwischenbilanz will er in einem halben Jahr ziehen.Extra

Mirco Müller (19) aus Trier: Ich finde das Prinzip der Gelben Karte sehr gut, da einem ja auch nichts passiert, wenn man sich nichts zuschulden kommen lässt.
Lück B. (19) aus Trier: Ich finde eine Gelbe Karte gut, wer gewalttätig auffällt, fährt ja meistens auch sehr aggressiv Auto und gefährdet so andere.
Simon Schmaus (26) aus Augsburg: Ich bin dafür, die Eignung zum Führen eines Fahrzeuges bei mehrfach auffällig gewordenen Personen in Frage zu stellen. Wer sich nicht an allgemeine Regeln halten will, hält sich auch nicht an Verkehrsregeln.
Johann Kreft (18) aus Trier: Ich bin unschlüssig, einerseits ist die Gelbe Karte eine gute Abschreckung vor allem für Jugendliche, andererseits frage ich mich, ob man einfach verschiedene Vergehen in eine Schublade stecken sollte.
Ivo Köth (19) aus Trier: Ich halte nichts von der Gelben Karte, da das Verhalten im Alltag nichts mit dem persönlichen Verhalten im Verkehr zu tun hat. Wenn ich beispielsweise einmal mit einer anderen Person auf einer Feier aneinandergeraten sollte, stellt das ja kein Verkehrsvergehen dar. (Umfrage: Daniel Zimmermann)

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