Windpark im Hunsrück: "Ich habe in einen Gewehrlauf geschaut" - Jäger schüchtern Wanderer ein

Wintrich · Jäger sollen Wanderer auf dem Ranzenkopf im Hunsrück gezielt eingeschüchtert haben. Naturschützer vermuten, dass damit mögliche Gegner des dort geplanten Windparks ferngehalten werden sollen.

Vier Stunden sollten die 15 Teilnehmer einer geführten vogelkundlichen Wanderung durch den Haardtwald in der Verbandsgemeinde Thalfang (Kreis Bernkastel-Wittlich) laufen - und dabei Vogellaute und historische Orte kennenlernen. Doch stattdessen haben die naturinteressierten Wanderer am frühen Ostersonntag Bekanntschaft mit Jägern gemacht. Schon als die Gruppe kurz vor sieben Uhr losmarschiert sei, habe ein Geländewagen mit zwei Männern darin sie in hoher Geschwindigkeit auf einem Waldweg überholt, erzählt Thilo Grauheding.Lautstarkes Schimpfen

Der Morbacher Zahnarzt hat an der vom Naturschutzbund organisierten Tour teilgenommen. "Wir haben da bereits gemerkt: Denen gefällt nicht, dass wir im Wald sind." Eine Stunde später hätten sich der Gruppe dann zwei wie Jäger aussehende Männer mit Hunden in den Weg gestellt. Ihre Waffen - Grauheding vermutet, dass es sich um Schrotflinten gehandelt hat - hätten sie nach vorne gerichtet gehabt: "Ich habe in einen Lauf geschaut." Allerdings hätten sie nicht auf Personen gezielt. Die Männer hätten lautstark geschimpft und den Wanderern vorgeworfen, das Wild verscheucht zu haben, das sie jagen wollten.

Für viele Tiere, darunter auch Dam-, Reh-, Rot- und Muffelwild ist bis Mai Schonzeit. Wildschweine hingegen dürfen in Rheinland-Pfalz das ganze Jahr über gejagt werden. Laut Grauheding wurden die Wanderer durch die Jäger eingeschüchtert, einige hätten Angst gehabt. Von Windrädern hätten die beiden Männer nicht gesprochen. Der Zahnarzt vermutet aber, dass das barsche Vorgehen mit dem geplanten Bau von 50 Windrädern auf dem Ranzenkopf zu tun hat.

Zumal es sich bei den Männern um Mitglieder des Gemeinderats Wintrich gehandelt habe. Der Bürgermeister dieses Moselorts am Fuß des Ranzenkopfs, Dirk Kessler, ist Geschäftsführer der Windpark Planungsgesellschaft. Er bestätigt dem Volksfreund den Vorfall vom Ostersonntag - und auch, dass die Männer Mitglieder im Gemeinderat sind. Die "zwei sehr erfahrenen und sehr besonnen handelnden und waidmännisch geschulten Jäger" hätten den Kontakt zu der "nicht gerade leisen Wandergruppe" gesucht und sie auf die "Belange der Jägerschaft" aufmerksam gemacht, sagt Kessler. Es sei zu keinerlei Bedrohung gekommen, die Waffen seien ordnungsgemäß geschultert gewesen.

Mitglieder der Bürgerinitiative Wald in Not, die gegen den Windpark sind, haben Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft Trier wegen Bedrohung durch Jäger gestellt.
War der Vorfall an Ostern womöglich nicht der einzige? Eine Frau, die namentlich nicht in der Zeitung genannt werden will, berichtet jedenfalls von einer ähnlichen Begegnung, als sie auf dem Ranzenkopf unterwegs gewesen sei. Auch ihr seien zwei mit Gewehren bewaffnete Männer entgegengetreten. Die Männer hätten sie laut angegangen und gefragt, was sie hier zu suchen habe. Die Frau vermutet, dass es sich bei den Männern um eine Art Bürgerwehr handelt, die verhindern soll, dass Naturschützer seltene Tierarten in dem Waldgebiet entdecken und damit eventuell den Windpark verhindern könnten.

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