"Wir sind dabei, die Krise zu lösen"

Berlin · Der CDU-Europaabgeordnete und Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses, Elmar Brok, ist davon überzeugt, dass Europa mit dem Flüchtlingsansturm fertig werden wird. Die Staaten der Europäischen Union (EU) müssten aber endlich zusammenarbeiten, meint Brok im Gespräch mit unserer Zeitung.

Berlin. Wie kann man gegen Länder vorgehen, die sich nicht an der Flüchtlingsverteilung beteiligen? Wie lässt sich der Flüchtlingsstrom begrenzen? Wie kann man die Fluchtursachen bekämpfen? Auf diese und weitere Fragen nimmt Elmar Brok im Interview mit unserem Korrespondenten Hagen Strauß Stellung.Herr Brok, wird die europäische Idee derzeit am ungarischen Grenzzaun zu Grabe getragen?Elmar Brok: Nein. Viele Mitgliedstaaten der EU haben über Jahre die Instrumente in der Asylpolitik verweigert. Jetzt haben wir das Problem.Aber Sie werden nicht abstreiten wollen, dass sich die EU in einer tiefen Krise befindet, oder?Elmar Brok: Ich sage es anders: Die Europäische Union steht vor einer ihrer größten Herausforderungen in den vergangenen 50 Jahren. Wir sind aber dabei, diese Krise zu lösen. Und wir wissen zugleich, dass dies nur gelingen wird, wenn innerhalb der EU endlich zusammengearbeitet wird.Den Eindruck hat man nicht. Was halten Sie von Sanktionen gegen Länder, die sich bei der Flüchtlingsverteilung verweigern?Elmar Brok: Wir müssen den Polen, Tschechen, Slowaken oder Rumänen klarmachen, dass Solidarität eine Zweibahnstraße ist. Einige Länder bewegen sich, zumindest setzt Nachdenklichkeit ein. Aber man kann nicht Sanktionen für etwas aussprechen, was noch gar nicht in Wirkung ist. Und wir Deutschen waren über viele Jahre auch nicht bereit, an die EU notwendige Kompetenzen abzugeben. Jetzt schon, weil wir die Probleme vor der Haustür haben.Mit welchen Instrumenten lässt sich der Flüchtlingsstrom begrenzen?Elmar Brok: Mit der Ausweitung der sicheren Herkunftsländer. Leute, die keinen Asylanspruch haben, etwa aus Beitrittsländern des Westbalkans, können dadurch sofort wieder zurückgeschickt werden. Das sind allein 40 Prozent der Asylbewerber in Deutschland. Ich hoffe, dass auch alle Ministerpräsidenten dieses Verfahren unterstützen, was immer noch ein Problem ist. Zweitens müssen wir in Griechenland und anderen Orten Hotspots einrichten und dort die Registrierung vornehmen. So kann frühzeitig entschieden werden, welches Verfahren angewendet wird. Das kann Griechenland nicht allein leisten. Wir sollten überlegen, ob wir nicht auch deutsche Beamte dorthin schicken, um mitzuhelfen.Was kann zur Bekämpfung der Fluchtursachen getan werden?Elmar Brok: Die große Fluchtbewegung aus dem Mittleren Osten ist in Gang gekommen, als vor zwei oder drei Monaten klar wurde, dass die ohnehin schlechte Versorgung der Flüchtlingslager noch einmal gekürzt wird. Wir brauchen deshalb in der EU einen dramatisch neuen Nachtragshaushalt dieses Jahr, um den Menschen viel mehr helfen zu können. Das dürfen wir nicht Jordanien, dem Libanon und der Türkei allein überlassen. Helfen müssen aber auch mal Saudi-Arabien und Katar, bevor sie sich um weitere Weltmeisterschaften kümmern.Hat die Bundesregierung planlos auf den Ansturm reagiert?Elmar Brok: Nein. Sie drängt seit einiger Zeit darauf, dass wir die Frage der Registrierung, der Quotenregelung und der sicheren Herkunftsländer vorantreiben. Die Entscheidung der Kanzlerin, vor 14 Tagen die Grenzen zu öffnen, um Menschen, die schon in der Europäischen Union waren, Schutz zu geben, war richtig. Und sie war keine Einladung, dass Deutschland auch alle aufnimmt. has

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort