Zahl der Angriffe auf muslimische Einrichtungen in Frankreich gestiegen

Paris · Die Zahl der Angriffe auf muslimische Einrichtungen in Frankreich ist seit der Anschlagserie von Paris stark gestiegen. Vor allem der rechtspopulistische Front National schürt die islamfeindliche Stimmung.

 Während des Ramadans beten Muslime mehrmals täglich - nicht nur in der Moschee. Am Arbeitsplatz etwa sollten Kollegen darauf Rücksicht nehmen. Foto: Axel Heimken

Während des Ramadans beten Muslime mehrmals täglich - nicht nur in der Moschee. Am Arbeitsplatz etwa sollten Kollegen darauf Rücksicht nehmen. Foto: Axel Heimken

An der Stelle, wo Ahmed Merabet getötet wurde, liegen immer noch viele Blumen. Zwei Wochen ist es jetzt her, dass die Angreifer auf die Satirezeitung "Charlie Hebdo" den muslimischen Polizisten kaltblütig erschossen. "Ich richte mich an alle Rassisten, die islamfeindlich oder antisemitisch sind: man darf Extremisten und Muslime nicht vermengen", warnte nach den Todesschüssen sein Bruder Malek Merabet unter Tränen. Doch genau das passiert: Nach der Anschlagserie von Paris, bei der neben Merabet 16 weitere Menschen starben , häufen sich die Angriffe auf muslimische Einrichtungen.

"Moscheen wurden mit Granaten angegriffen, auf Moscheen wurden mit Maschinengewehren geschossen, Schweinsköpfe wurden vor Kultstätten gelegt", listet der Leiter der Beobachtungsstätte gegen Islamfeindlichkeit, Abdullah Zekri, die Taten am Dienstag auf. 116 Angriffe und Bedrohungen zählt er - so viele wie noch nie. "Auch der Blick hat sich verändert", sagt Zekri im Radiosender RMC. "Eine Frau, die das Kopftuch trägt, wird schief angeschaut, junge Muslime mit einem Rucksack werden schief angeschaut."

Bewachung für Moscheen

Dabei hatte der Islamrat CFCM die Anschläge entschieden verurteilt, die von mutmaßlichen Islamisten begangen wurden. Der Rektor der großen Moschee von Paris, Dalil Boubakeur, nahm im Rollstuhl am großen Gedenkmarsch für die Opfer teil. "Ich bin Charlie, ich bin Jude, ich bin Polizist und ich bin Muslim", lautete eine der Parolen, die die Demonstranten auf Plakaten mit sich herumtrugen. Es war auch ein Hinweis auf Ahmed Merabet, das muslimische Opfer.

Polizisten wie er bewachen nun verstärkt die Moscheen des Landes, um weitere Angriffe zu verhindern. Innenminister Bernard Cazeneuve stattete der großen Moschee von Paris am Freitag einen Besuch ab. Doch seine Visite brachte dem 51-Jährigen im Kurznachrichtendienst Twitter viele Hassbotschaften ein. "Die Priorität der Regierung? Die Franzosen? Nein, die muslimischen Wähler", schrieb ein Nutzer.

FN-Abgeordneter spricht von Krieg mit Muslimen

Vor allem der rechtspopulistische Front National schürt die islamfeindliche Stimmung in Frankreich. Parteichefin Marine Le Pen verglich die muslimischen Straßengebete mit der Nazi-Besatzung und forderte ein Kopftuchverbot nicht nur in Schulen, sondern auch auf den Straßen. In Schulkantinen soll ihrer Ansicht nach das Menu ohne Schweinefleisch abgeschafft werden. Die Anschläge in Paris waren für die Anwältin der Anlass, offene Worte über den radikalen Islam anzukündigen.

Das Video, das ihr außenpolitischer Berater Aymeric Chaupade vergangene Woche veröffentlichte, ging der auf eine Entdämonisierung ihrer Partei bedachten Le Pen dann aber doch zu weit. Der Europaabgeordnete hatte gesagt: "Frankreich ist im Krieg mit Muslimen. Eine mächtige fünfte Kolonne lebt bei uns und kann sich jeden Augenblick gegen uns richten." Mit dieser Äußerung verlor Chaupade, der seinen Posten als Berater Le Pens erst vor einem Jahr bekommen hatte, sein Amt. Die Maßnahme scheint aber eher kosmetischer Natur zu sein, denn Mitglied im Politbüro darf er bleiben - und auch Chef der FN-Abgeordneten im Europaparlament.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort