Bundestagswahl: Union sucht Strategie im Umgang mit der SPD und Kanzlerkandidat Schulz

Berlin · Einer, der durchaus kritisch auf den Kurs seiner Parteivorsitzenden Angela Merkel blickt, mahnte am Montag zu mehr Gelassenheit: "Wahlkampf ist Marathon, kein Sprint", so CDU-Mann Wolfgang Bosbach zu unserer Redaktion.

Wenn die SPD "nach einer langen Leidenszeit" mal wieder gutgelaunt sei, sei das kein Grund für die Union, "schlechtgelaunt an einem guten Ergebnis bei der Bundestagswahl zu zweifeln".

So will es auch die Kanzlerin halten. "Fröhlich" wolle sie in den Wahlkampf ziehen, hatte Merkel vor wenigen Wochen die Unionsfraktion wissen lassen. Da glaubte man allerdings bei CDU/CSU noch fest daran, dass sich der Hype um SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz rasch legen werde.

Doch angesichts des anhaltenden Umfragehochs der Genossen sieht man das bei den C-Parteien inzwischen anders: "Alle, die gesagt haben, es sei ein Strohfeuer, sind widerlegt", erklärte jetzt der bayerische Finanzminister Markus Söder (CSU). Es werde daher für die Union nicht reichen zu sagen, was man in der Vergangenheit gemacht habe. Die Kanzlerin müsse außerdem "zusätzliche Motivationsarbeit für die Basis leisten", so Söders Seitenhieb. Typisch Christsoziale.

Gleichwohl ist das der springende Punkt: Ist Merkel dafür die Richtige? Kann sie nach bald zwölf Jahren im Kanzleramt die eigenen Leute noch einmal ähnlich mitreißen wie Schulz es derzeit mit den Genossen gelingt? Leidenschaft und Emotion sind nicht gerade Merkels Stärke. Aber sie kann kämpfen, und inzwischen scheint sie zumindest ein wenig aus dem Dornröschenschlaf erwacht. Bei einer Parteiveranstaltung am Samstag nahm sie den Namen ihres SPD-Herausforderers zwar nicht in den Mund. Aber sie attackierte dessen Forderung nach einer Korrektur der Agenda 2010. Indem sie den früheren SPD-Kanzler und Erfinder der Reformagenda, Gerhard Schröder, lobte.

Den Wahlkampf hat Merkel damit freilich ihrerseits noch nicht eröffnet. Von ihrem Credo, sich in der Auseinandersetzung mit Schulz nach wie vor eher zurückzuhalten, will sie nicht abweichen. "Die Bürger erwarten zu Recht, dass wir noch bis zum Sommer unsere Arbeit ordentlich machen, und nicht jetzt schon volle Kanne auf Wahlkampf umschalten", erklärte ihr Generalsekretär Peter Tauber die Haltung der Kanzlerin. Merkel hofft damit punkten zu können, dass die SPD sich mal wieder um ihre eigene Vergangenheit kümmert, während die Union laut Tauber auf "Bewährtes und neue Ideen" setzen will. Auf eine Reformagenda 2025.

Doch fraglich ist, ob Merkel es noch lange schafft, sich bedeckt zu halten. Über die richtige Strategie im Umgang mit Schulz und der erstarkten SPD wird in der Union nämlich schon debattiert. Man dürfe die "Umfragen zwar nicht auf die leichte Schulter nehmen, aber jetzt auch nicht hektisch oder gar panisch reagieren", riet Bosbach. Andere aber, wie CDU-Präsidiumsmitglied Jens Spahn, drängen zur Offensive aus Sorge, dass sich ansonsten der Trend zugunsten von Schulz und der SPD weiter verfestigen könnte. Merkels ehemaliger CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe forderte seine Partei daher am Montag auf, sofort in den Wahlkampf zu starten und Schulz zu stellen. "Wir müssen seinen Linkskurs und seine Faktenschwäche offenlegen", sagte der heutige Gesundheitsminister der Bild-Zeitung. "Keine Ahnung ist schließlich noch keine starke Meinung", ätzte Gröhe in Richtung des SPD-Kanzlerkandidaten. Entschieden ist die Strategiedebatte in der Union aber keineswegs.

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