Ein Schulz-Effekt auch bei der Union

Berlin · Martin Schulz macht offenbar auch der Union Beine. Weil die SPD ihn als Kanzlerkandidaten nominiert hat, wird das für Anfang Februar geplante Friedenstreffen der Spitzen von CDU und CSU in München aller Voraussicht nach tatsächlich stattfinden. CSU-Chef Horst Seehofer hatte den Sinn der Begegnung wegen des Flüchtlingsstreits infrage gestellt.

Berlin. Unionsfraktionschef Volker Kauder gab sich am Donnerstag betont locker. Die Union müsse Schulz "überhaupt nicht" fürchten. So seien die ersten guten Umfragewerte des neuen Spitzenmanns der SPD nur vor-übergehend. Eine solche Wirkung könne man oft beobachten, "wenn jemand neu auf die Bühne tritt", meinte Kauder. Das stimmt. Als im September 2012 Peer Steinbrück zum Kanzlerkandidaten der Genossen gekürt wurde, schnellten ebenfalls seine persönlichen Umfragewerte und auch die der SPD in die Höhe. Anfänglich lag er in der Beliebtheit sogar gleichauf mit Angela Merkel. Wie jetzt Martin Schulz. Danach ging es aber rapide bergab für Steinbrück. "Also abwarten", hieß es in der CDU. Sobald Schulz sich inhaltlich festlegen müsse, werde es Enttäuschungen geben. Vor allem beim linken Flügel der SPD. Dann sei die erste Euphorie womöglich schon wieder dahin.
Gleichwohl verspüren im Moment nicht nur die Genossen einen positiven Schulz-Effekt, sondern das gilt überraschenderweise auch für die Union. Insider sprechen von einer "disziplinierenden Wirkung", die die erfolgreiche Nominierung des SPD-Mannes hat. Was damit gemeint ist: Der Druck bei CDU und CSU ist größer geworden, in der Flüchtlingsfrage endlich Frieden zu schließen und die gegenseitigen Attacken einzustellen. Am 5. und 6. Februar soll nun in der CSU-Landesleitung in München möglichst viel Einigkeit demonstriert werden. Überlegt wird auch, ob es eine "Münchner Erklärung" geben soll. Das zweitägige Treffen dient zugleich der Vorbereitung eines gemeinsamen Wahlprogramms - trotz des bleibenden Zerwürfnisses: CSU-Chef Seehofer pocht auf eine Obergrenze bei der Flüchtlingsaufnahme von 200 000, die Kanzlerin lehnt das kategorisch ab.
Laut CDU-Bundesvizechefin Julia Klöckner wird es ein "konstruktives Treffen" der Schwestern werden. Inhaltlich gehe es um Innere Sicherheit, Haushaltsfragen und Europa. "Die Themen, bei denen wir uns einig sind, überwiegen bei weitem", so Klöckner zu unserer Redaktion.
Freilich will man auch Merkels Herausforderer Schulz angreifen. Dass die SPD nun "in einer Sturzgeburt den Europa-Funktionär und Eurobond-Befürworter Schulz auf den Schild gehoben hat", stichelte Klöckner, "gibt uns die Gelegenheit, die Unterschiede zwischen Union und SPD noch deutlicher herauszuarbeiten".

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