SPD-Generalsekretärin Katarina Barley zur Bundestagswahl: „Wir können es noch packen“

Berlin · Hat die SPD tatsächlich eine Chance, die Union bei der Bundestagswahl noch zu schlagen? Die SPD-Generalsekretärin sagt im Interview mit unserer Zeitung, wie dies gelingen soll.

 „Steinmeier zeichnet sich durch Integrität, Verlässlichkeit und Standhaftigkeit aus.“Katarina Barley, SPD

„Steinmeier zeichnet sich durch Integrität, Verlässlichkeit und Standhaftigkeit aus.“Katarina Barley, SPD

Foto: volksfreund.de/Archiv

Nach der dritten verlorenen Landtagswahl in diesem Jahr wächst bei der SPD die Nervosität. Wie wollen die Genossen den Umschwung bis zur Bundestagswahl in vier Monaten überhaupt noch schaffen?, hat TV-Redakteur Rolf Seydewitz SPD-Generalsekretärin Katarina Barley gefragt.

Beschreiben Sie doch mal in zwei Sätzen die Stimmung heute Morgen in der SPD-Vorstandssitzung.
BARLEY Natürlich sind alle betroffen.…

Sie meinen ratlos.…
BARLEY Nein. Die Gründe für das Wahlergebnis lassen sich in Nordrhein-Westfalen klar festmachen. Aber natürlich sind wir enttäuscht.

Wer ist schuld an der NRW-Pleite in der SPD-Herzkammer?
BARLEY Gründe für die Wahlentscheidung waren bei vielen die Themen Bildung und Sicherheit. Und da ist in Nordrhein-Westfalen einiges nicht gut gelaufen. Das hat auch Hannelore Kraft selbst eingeräumt und die Konsequenzen gezogen. Dieser Schritt verdient höchsten Respekt.

Die SPD hat also auf die falschen Themen gesetzt…
BARLEY Das waren Themen, auf die die CDU gesetzt hat. Wir sind mit unseren Themen nicht durchgedrungen, etwa der sehr guten Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt und der Wirtschaft generell. Die CDU hat so getan, als wäre NRW ein Entwicklungsland, was Quatsch ist. Natürlich steht man im Ruhrgebiet mehr im Stau als auf bayerischen Landstraßen.

War auch Frau Kraft letztlich zu kraftlos?
BARLEY Nein. Hannelore Kraft hat in sehr vielen Bereichen eine gute Bilanz vorzuweisen. Zum ersten Mal hat NRW einen ausgeglichenen Haushalt. Platz sechs im Wirtschaftswachstumund die niedrigste Arbeitslosigkeit seit 23 Jahren. In einzelnen Bereichen war sie aber angreifbar.

Die Bundes-SPD steht in Umfragen noch schlechter da als die NRW-SPD: Wie wollen Sie, wie will die SPD das ändern?
BARLEY Als Martin Schulz übernommen hat, waren wir bei 21 Prozent, jetzt sind wir um die 29 Prozent. Das ist schon eine andere Ausgangslage. Und wenn die Landtagswahlen etwas gezeigt haben, dann dass sich ein Trend auch innerhalb kürzester Zeit drehen kann. Rheinland-Pfalz ist dafür ein gutes Beispiel. Demokratie lebt vom Wechsel, das müssen wir akzeptieren.

Das von der SPD für den Wahlkampf gewählte Top-Thema Gerechtigkeit scheint nicht zu ziehen. Worauf soll der Fokus nun gelegt werden?
BARLEY Das Top-Thema Gerechtigkeit ist gesetzt. Und wir wissen aus zahlreichen Veranstaltungen im ganzen Land, dass das Thema auch ankommt. Die Menschen spüren schon, dass der Reichtum in diesem reichen Land nicht gerecht verteilt ist. Bei dem Thema geht es auch um den Ausgleich von Stadt und Land und von Jung und Alt. Das zweite Top-Thema wird sein, das Land fit für die Zukunft zu machen. Die CDU sagt "weiter so", und wir sagen: Wir müssen die Steuerüberschüsse investieren in schnelles Internet, in Schulen, Bildung, Straßen und Brücken. Und ein Thema wird natürlich auch die Zukunft Europas sein. Martin Schulz kennt Europa wie kein Zweiter und kann für die Verständigung der Völker untereinander sorgen.

Vor ein paar Wochen wurde Ihr neuer Parteichef noch wie ein Heiliger gefeiert, doch bei den Wahlen sind die Wunder ausgeblieben. Inwiefern trifft Martin Schulz eine Mitschuld?
BARLEY Martin Schulz hat die SPD beflügelt. Sowohl was unsere Umfragewerte angeht als auch über 17.000 Neumitglieder seit seiner Nominierung. Er hat auch in NRW für einen Push gesorgt. Vier Monate bis zur Bundestagswahl sind noch eine lange Zeit. Wir haben das Potential, die CDU noch zu überflügeln. Das Rennen wird auf der Zielgraden entschieden.

Und was ist die Wunschkoalition, wenn die SPD doch noch siegt…
BARLEY Das ist Rot-Grün.

Wie langweilig. Wenn Sie jetzt Rot-Rot-Grün gesagt hätten.…
BARLEY Hab` ich aber nicht.

Als Generalsekretärin sind Sie für den SPD-Wahlkampf verantwortlich und dürften Ihren Job auch verlieren, wenn die Sache in die Hose geht. Und dann?
BARLEY Ehrlich gesagt, daran denke ich am Wenigsten. Ich habe es immer so gehalten: Was ich mache, mache ich mit ganzer Kraft und so gut wie ich das kann. Der Rest ergibt sich von alleine.Zur Person

SEIT DEZEMBER 2015 SPD-GENERALSEKRETÄRIN: Die promovierte Juristin Katarina Barley ist seit Dezember 2015 SPD-Generalsekretärin. Die 48-Jährige sitzt seit 2013 für die SPD im Bundestag. Zuvor war sie Referentin im rheinland-pfälzischen Justizministerium. Katarina Barley wurde in Köln geboren, studierte Rechtswissenschaften in Marburg und Paris. Sie lebt in Schweich und hat zwei Söhne.

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