Sonnig im Gemüt, hart in der Sache

Ministerpräsident Kurt Beck schlendert über die Terrasse des Landtags und schnappt frische Luft. Ob er Zeit für einige Gedanken über Malu Dreyer hat? Natürlich hat er das.

"Sie ist eine tolle Frau. Fachlich und menschlich. Und eine gute Freundin." Als es im Mai darum ging, ein neues Kabinett zu schmieden, wäre der Regierungschef wohl nie auf die Idee gekommen, auf die Kompetenz der Triererin zu verzichten. Schließlich verfolgt er sie aufmerksam, seit die Juristin Anfang der 90er Jahre im wissenschaftlichen Dienst des Landtags arbeitete und erst recht, seit sie 1995 Bürgermeisterin von Bad Kreuznach wurde. 2002 machte Sozialpolitiker Beck Dreyer zur Sozialministerin. Und die sagt heute: "Das war mein absolutes Glücksjahr. Damals habe ich auch meinen Mann kennengelernt."
Malu Dreyer und Klaus Jensen, Oberbürgermeister von Trier, ein offenbar unschlagbares Doppel: Gemeinsam haben sie die jahrzehntelange Vorherrschaft der CDU gebrochen. Er wurde Rathaus-Chef, sie führt die Trierer SPD. Klappt das gut, wenn sie die Woche über in Mainz oder Berlin weilt, um dort etwa als rheinland-pfälzisches Mitglied des Vermittlungsausschusses von Bundestag und Bundesrat zu verhandeln? "Wir telefonieren jeden Morgen und jeden Abend", erzählt die Frau mit den dunklen Haaren. Ihre Augen blitzen, sie strahlt.
Und wie ist das mit der Küchen-Diplomatie am Wochenende? "25 Prozent unserer Gespräche drehen sich um die Trierer Stadtpolitik." Wieder dieses Strahlen. Es bleibe aber noch Zeit für Bücher, die sich meist um den gesellschaftlichen Wandel drehen, für den Münster-Tatort, die Natur oder Reisen nach Lanzarote und Dänemark.
Astrid Schmitt, SPD-Landtagsabgeordnete aus Daun, fasst ihren Eindruck von Dreyer so zusammen: "Sie ist eine bewundernswerte Frau." Das scheint auch die CDU so zu sehen. Im Landtag fällt kaum ein Wort der Kritik an ihr. Wenn doch, dann sehr moderat. Auch die FDP fasste die Ministerin früher mit Samthandschuhen an.
Fröhlich und gewinnend im Auftreten, aber hart in der Sache: Malu Dreyer ficht für ihre politischen Ideen. "Ich bin eine Kämpferin", sagt sie. Das spürt man zum Beispiel bei einer Debatte wie um den Mindestlohn, die sie mit messerscharfen Argumenten beherrscht. Menschlichkeit, Pflege und vor allem soziale Gerechtigkeit sind ihre Themen. Das Lob des Chefs gibt die 50-Jährige gerne zurück: "Kurt Beck denkt durch und durch sozial gerecht. Wir ticken ziemlich gleich."
Als Politikerin wäre Dreyer normalerweise automatisch im Gespräch, wenn es um die Beck-Nachfolge geht. Doch seit sie 2007 ihre Erkrankung - sie leidet an Multipler Sklerose - öffentlich gemacht hat, fällt ihr Name nicht mehr.
Die gebürtige Pfälzerin versucht nie, die Krankheit zu ihrem Vorteil zu nutzen. Im Gegenteil. Man merkt, dass es sie stört, wenn sie anhand dieses Handicaps beurteilt wird. Sie spricht dann etwa von ihrem riesigen Arbeitspensum. Ob Malu Dreyer Ambitionen hat, lässt sie sich nicht entlocken. Nur so viel: "Ich denke immer positiv." Frank Giarra

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