Schon Händel machte Werbung

Tante Helga und Onkel Franz stehen vor einem Plakat, das einen ganz berühmten Sänger ankündigt. „König der Tenöre“ liest Tante Helga vor.

"Schau mal, der war doch neulich in der Talkshow im Fernsehen", ruft sie begeistert. "Da müssen wir unbedingt ins Konzert gehen." Onkel Franz' Gesicht verdüstert sich, und seine Stimme klingt plötzlich ziemlich streitsüchtig "Alles Werbung", sagt er unfreundlich. "Große Künstler hatten so etwas früher nicht nötig."
Da liegt Onkel Franz aber völlig falsch. Dass Künstler, auch Musiker, für sich Werbung machen, ist schon eine ganz alte Angelegenheit.

Ein besonders gutes Beispiel dafür ist der Komponist Georg Friedrich Händel. Er lebte vor etwa 300 Jahren. Ganz berühmt und bis heute beliebt bei Festgottesdiensten ist das "Halleluja" aus seinem Oratorium "Messias".
Händel war ein ganz cooler Typ. Bis zu seinem Tod 1759 lebte er viele Jahre in London. Der Komponist war ausgesprochen fleißig. Er schrieb allein mehr als 40 Opern. Und dazu noch zahlreiche andere Musikstücke.
Allerdings hatte er nicht nur eine grandiose musikalische Begabung. Er war auch ein sehr guter Geschäftsmann, der jede Menge von Werbung verstand. Heute würde man sagen: Händel war ein ausgesprochenes Marketing-Talent.
Bevor seine Opern aufgeführt wurden, ließ er nämlich überall in der Stadt Plakate aufhängen, auf denen seine Musik und die Sänger in höchsten Tönen gelobt und die Sänger als "Superstars" angepriesen wurden. Außerdem schaltete er Anzeigen in den Zeitungen, die für seine Musik warben.

Seine Noten und das Recht, seine Musik aufzuführen, verkaufte er zu Höchstpreisen. Natürlich ging er auch zu allen Partys, die der König, bei dem er früher angestellt war, und seine besten Kunden, die reiche adelige Londoner Gesellschaft, feierten.

Hätte es damals schon Talkshows gegeben, wäre er auch sicher dauernd im Fernsehen gewesen. Karten zu seinen Konzerten und Opernaufführungen konnte man bei Händel zu Hause kaufen, wo er eine Verkaufsstelle, einen Ticketservice, eingerichtet hatte. Auf diese Weise verdiente der Komponist enorm viel Geld, für das er sich gern wertvolle Bilder kaufte.

Händel wusste allerdings nicht nur, wie Werbung funktioniert. Er hatte auch ein sehr gutes Marktgespür. Das heißt: Er wusste ganz genau, welche Musik sich bei welchen Anlässen gut verkaufen ließ. Als seine Opern nicht mehr so beliebt waren, beschloss er mit Hilfe seiner Musik, Geschichten aus der Bibel zu erzählen - zum Beispiel die Geschichte von Jesus im "Messias". Auf diese Weise ist das Oratorium entstanden. Auch das wurde - natürlich - ein großer Verkaufserfolg.

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