Gefährlicher Weg zum Wasser

Wenn ihr in diesen Tagen abends oder frühmorgens unterwegs seid, könnt ihr sie vielleicht sehen: zahlreiche Kröten, die unbeirrt in eine Richtung hüpfen. Manche von ihnen tragen sogar andere Artgenossen huckepack. Und dass, obwohl der Weg auch schon alleine gefährlich genug ist.

 Tierschützer sammeln die Kröten während ihrer Wanderung auf und tragen sie dann über die Straße. Damit wird verhindert, dass die Tiere überfahren werden. Foto: Nabu

Tierschützer sammeln die Kröten während ihrer Wanderung auf und tragen sie dann über die Straße. Damit wird verhindert, dass die Tiere überfahren werden. Foto: Nabu

Bitburg/Trier. Sicher habt ihr schon einmal den Begriff "Froschperspektive" gehört. Damit ist das Gegenteil von "Luftperspektive" gemeint. Letzteres heißt deshalb so, weil man dabei von oben auf etwas blickt, aus der Luft sozusagen, wohingegen bei der Froschperspektive die Welt von unten gesehen wird, aus der Sicht eines Frosches eben. Kröten, die wie Frösche ebenfalls zur Gruppe der Amphibien gehören, erleben die Welt ebenfalls aus der Froschperspektive. Und was sie dabei sehen, ist nicht immer schön. Vor allem, wenn sie auf der Reise sind, so wie derzeit.

Dass ihr davon vielleicht noch gar nichts mitbekommen habt, liegt daran, dass die Tiere vor allem in der Dämmerung und Dunkelheit durch die Gegend hüpfen. Die meisten Menschen nehmen diese Wanderung auch nur deshalb wahr, weil die Kröten auf ihrem Weg leider auch Straßen überqueren müssen, so dass herannahende Autoreifen bedauerlicherweise oft das Letzte sind, was die Tiere aus ihrer Froschperspektive erblicken. Um zu verhindern, dass es dazu kommt, errichten Naturschützer im Frühjahr, wenn die Amphibien wandern, an besonders kritischen Stellen Schutzzäune. Das sind meist grüne Wände aus Plastik oder Folie, die entlang von Straßen aufgestellt werden. Die Wände sind gerade so hoch, dass eine Kröte nicht darüber springen kann. Weil die Kröte aber unbedingt weiter will, hüpft sie so lange am Zaun entlang und sucht eine Lücke, bis sie in einem Eimer landet, der in der Erde eingebuddelt ist und aus dem sie alleine nicht herauskommt. Diese Falle kann ihr Leben retten. Die Tierschützer leeren diese Eimer nämlich mehrmals täglich auf der gegenüberliegenden Straßenseite, wo die Kröten dann ihre Reise fortsetzen können. Doch warum wollen die Tiere überhaupt unbedingt über die Straße?

Tümpel und Teiche als Ziel



Nun, die Kröten, die das Jahr über meist in Wäldern, Gebüschen, an zerfallenen Mauern oder in Erdlöchern leben, sind auf dem Weg zu den "Laichgewässern". Die heißen deshalb so, weil die Kröten dort ihre Eier ablegen. Diese Eier, die auch von Fröschen oder Molchen dort hinterlassen werden, nennt man Laich. Solche Laichgewässer sind in der Regel Tümpel, Teiche oder Seen und in den meisten Fällen auch der Ort, an dem die eierlegenden Kröten selbst geboren wurden. Die Mütter wollen also ihren Nachwuchs dort in die Welt setzen, wo sie selbst schon als Kröte eine gute Kindheit verbracht haben. Und ihr ausgeprägter Orientierungssinn hilft ihnen dabei. So legen die Kröten dafür bis zu fünf Kilometer zurück. Und wer ein Mal einer Kröte beim Hüpfen zugeschaut hat, weiß, dass sie nicht gerade zu den schnellsten Kollegen des Tierreichs gehören.

Erreichen die Tiere das Laichgewässer, legen sie dort ihre Eier in langen Schnüren ab. Die können mehrere Meter lang sein und setzen sich aus winzig kleinen Eiern zusammen: zwischen 3000 und 6000 Eier pro Kröte! Danach machen sich die Tiere wieder auf die gefährliche Heimreise. Und wenn sie Glück haben, landen sie auch dabei wieder in einem Eimertaxi, um sicher über die Straße getragen zu werden. uhe

EXTRA

HUCKEPACK UNTERWEGS



Bei Krötenwanderungen ist oft zu beobachten, dass kleinere Artgenossen von den größeren auf dem Rücken mitgeschleppt werden. Doch bei den Kröten, die getragen werden, handelt es sich nicht etwa um den Nachwuchs, sondern um die männlichen Kröten, die deutlich kleiner sind als die Weibchen. Die Eier werden nämlich erst während der Ablage von den männlichen Kröten befruchtet. Und weil die Männchen an diesem Befruchtungsvorgang ein sehr starkes Interesse haben, es aber deutlich mehr männliche als weibliche Kröten gibt, klammern sich die Männchen oft während oder sogar schon vor der Krötenwanderung an den Weibchen fest. Damit soll verhindert werden, dass ein anderer die Krötendame wegschnappt. (uhe)

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