Infrastruktur Erst fragen und dann den Laden eröffnen

Morscheid · Nach der Schließung des Lebensmittelmarkts starten die Morscheider mit einer Haushaltsbefragung in das Projekt Neuer Dorfladen. Einen passenden Standort gibt es schon.

 Regina Quint (Mitte) und Claudia Schmitt (rechts) übergeben Josef Weber am Bürgerhaus die ausgefüllten Fragebögen. Dort könnte auch ein Neubau eines Dorfladens realisiert werden.

Regina Quint (Mitte) und Claudia Schmitt (rechts) übergeben Josef Weber am Bürgerhaus die ausgefüllten Fragebögen. Dort könnte auch ein Neubau eines Dorfladens realisiert werden.

Foto: Silke Jessen

Nur zwei winzige Zettel hängen noch auf der großen Scheibe am Eingang. Dahinter ist es dunkel und man sieht sie kaum, die leer stehenden Regale und Verkaufstheken. Noch bis vor kurzem waren sie mit Waren prall gefüllt und auch die Stimmen im Verkaufsraum sind verstummt, was viele der rund 1000 Morscheider bis heute bedauern. Haben sie ihrem Lädchen doch über mehrere Jahrzehnte die Treue gehalten und dort Dinge für den alltäglichen Bedarf gekauft.

Vor gut zehn Jahren übernahm der Osburger Frischemarkt Blau den kleinen Dorfladen. Und die Bürger nutzten weiterhin das reichhaltige Warenangebot in dem Nahversorger. Laut Ortsbürgermeister Josef Weber habe sich der Laden finanziell getragen. Allerdings gebe es Probleme mit dem Lager, den Sanitäranlagen und der veralteten Technik. In Summe, laut Weber, wohl genug Gründe für den Betreiber, die Filiale Ende Oktober 2017 zu schließen.

Seit mehr als drei Monaten steht der Laden nun leer. Und es sei sehr schwierig, Interessenten für die private Immobilie zu finden, da eine höhere Summe in eine Modernisierung investiert werden müsse, so der Ortschef. Und da die Gemeinde seinen Bürgern eine gute Infrastruktur anbieten wolle, denke sie über eine Neugründung eines Dorfladens, eventuell auch einen Neubau, nach, führt Weber weiter aus.

Das Dorf sei in dieser Frage aber zweigeteilt: „Viele Bürger bedauern das Schließen des Ladens, aber längst nicht alle“, sagt Weber. „Die einen sagen wir brauchen wieder einen Laden, die anderen, wir brauchen keinen.“

Eine Frau, die sehr gerne wieder einen neuen Dorfladen hätte, ist die 80-jährige Regina Quint. Sie hat keinen Führerschein und muss sich seit drei Monaten zum Einkaufen fahren lassen. „Ich vermisse unseren Laden und auch die Gespräche nicht nur ein bisschen“, sagt sie bedauernd. Ihren Unmut über die Schließung des Dorfladens hat die passionierte Karnevalistin dann sogar in einer Gesangsnummer auf der örtlichen Kappensitzung zum Besten gegeben und die Bühne mit einem Trauerflor betreten. Und auch auf dem örtlichen Karnevalswagen, der auf mehreren Umzügen (Foto) zu sehen war, war zu lesen: „In Morscheid ganz schön mau ohne Blau.“

Der Morscheider Ortsgemeinderat hat nun die Initiative ergriffen und sich professionelle Hilfe im Zusammenhang mit einer möglichen Neugründung eines Dorfladens geholt. So wurde eine Machbarkeitsstudie auf Basis des vom Land Rheinland-Pfalz geförderten Beratungsprojektes M.Punkt RLP (siehe Info) in Auftrag gegeben.

Nach einem ersten Beratungsgespräch hat ein Trierer Unternehmensberater auf Kosten der Ortsgemeinde einen Fragebogen konzipiert, den die Morscheider Bürger nun ausfüllen sollen. Gefragt werden alle 452 Haushaltsvorstände nach ihrem Einkaufsverhalten, aber auch nach etwaigen Wünschen für einen neuen Dorfladen, wie beispielsweise einer Kaffee-Ecke, regionalen oder Bio-Produkten.

Sollte die Auswertung der Fragebogenaktion positiv ausfallen, könnte das Dorfladenprojekt in eine professionelle Beratungsphase gehen, in der auch die Trägerschaft geklärt würde. Für diese Beratungsphase könnte Geld aus dem Fördertopf des Beratungsprojekts M.Punkt RLP beantragt werden. Bei festgestellter wirtschaftlicher Tragfähigkeit eines Dorfladens käme auch ein Neubau in Frage. Dafür könnte die Ortsgemeinde Geld aus dem europäischen Leader- und Dorf-Erneuerungsprojekt erhalten.

Übrigens: Einen neuen Standort für den Dorfladen hat die Gemeinde schon im Blick – und zwar direkt am Bürgerhaus. Aber das mit dem neuen Lädchen kann noch einige Zeit dauern. Zunächst hofft die Gemeinde auf eine rege Beteiligung an der Fragebogenaktion. Wie es dann weitergeht, wird sich zeigen.

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