Fußball: Warum Eintracht Trier wohl absteigen muss - Schwierige Zukunftsplanung

Trier · Eintracht Trier verliert schon wieder - diesmal aber spielt die Konkurrenz nicht mit. Wenn nicht noch ein Wunder passiert, steht der dritte Abstieg seit 2005 bevor. Die Fans sind fassungslos. Wo liegen die Gründe für diese Chaos-Saison?

Die 0:2-Heimniederlage gegen Borussia Mönchengladbach II könnte bereits das scheußliche Ende einer Spielzeit besiegelt haben, die gut begann - auch dank der Paukenschläge im DFB-Pokal gegen Hannover 96 und Arminia Bielefeld - und dann in einem nicht für möglich gehaltenen Absturz mündete.

Regungslosigkeit: Muss sich der Eintracht-Vorstand den Vorwurf gefallen lassen, zu lange an Ex-Trainer Mario Basler festgehalten zu haben? Viele sehen in der Arbeit des 40-Jährigen einen Hauptgrund für den schleichenden Niedergang. Mangelndes Konzept (in letzter Not wollte Basler im Winter auf ein Spielsystem mit antiquiertem Libero umstellen), keine klare Linie (regelmäßig stand ein anderer Spieler am Pranger), zu wenig vorgelebte Professionalität.

Bereits im September/Oktober vergangenen Jahres wollen Wegbegleiter im Vereinsumfeld den Vorstand auf Missstände hingewiesen haben. Konsequenzen gab es erst Ende Februar 2010 mit der Entlassung Baslers. Zu spät, sagen die Kritiker. Eintracht-Vorstandsmitglied Ernst Wilhelmi, der die Club-Führung nicht aus der Verantwortung für die Gesamtsituation nehmen will, wehrt sich in diesem Punkt: "Wir haben früh genug mit Basler gesprochen, um bestimmte Dinge gerade zu rücken."

Leistungsvermögen: Kaum ein Spieler fand über einen längeren Zeitraum hinweg zu Normalform. Die geplante Achse der Leistungsträger (Kenneth Kronholm, Josef Cinar, Markus Anfang, Sahr Senesie) marschierte selten vorneweg. Wilhelmi: "Alle Spieler müssen sich fragen, ob sie sich profihaft verhalten. Letztlich fehlt es an Qualität." Personalwechsel (auch unter Baslers nicht zu beneidenden Kurzzeit-Nachfolger Reinhold Breu) wurden teilweise in atemberaubendem Tempo vorgenommen. Insider bemängeln zudem konditionelle Schwächen der Mannschaft.

Kommunikation: Sie scheint im Verein zwischen den einzelnen Ebenen nicht optimal zu sein. Zuweilen wird mehr über- als miteinander gesprochen. Verbitterung (etwa beim sportlichen Leiter Fritz Fuchs) ist unübersehbar. Eine Randnotiz: Noch immer streiten sich Spieler Lars Schäfer und die Eintracht-Vereinsführung vor Gericht. Hintergrund: Der 27-jährige Mittelfeldakteur, dessen Vertrag bis 30. Juni 2010 gelaufen wäre, geht gegen seine zum 30. September 2009 erhaltene fristlose Kündigung vor.

Und tschüss...?: Überraschend viele Gerüchte ranken sich um vorzeitige Wechselabsichten von Spielern - und das in einer Phase, in der es für Trier ums sportliche Überleben geht. Ein Zeichen für Unzufriedenheit oder mangelhafte Identifikation? Mittelfeldspieler Gustav Schulz soll bereits beim luxemburgischen Erstligisten Swift Hesperange unterschrieben haben (der TV berichtete). Ein weiterer Eintracht-Spieler wird bei Swift hoch gehandelt. Gilles Bettmer, erst im Winter nach Trier gekommen, steht im Falle des Eintracht-Abstiegs offenbar vor einem Wechsel zum luxemburgischen Erstligisten F 91 Düdelingen. Romain Schumacher, Mitglied des Düdelinger Club-Vorstands, bestätigt dem TV: "Man kann von einem großen beiderseitigen Interesse sprechen." Es stellt sich die Frage: Gibt jemand noch alles für seinen aktuellen Verein, wenn er im Grunde schon seinen Abgang vorbereitet?

Zukunft: Triers Neu-Trainer Roland Seitz ist Realist genug: "Ich werde personelle Konsequenzen ziehen. Egal, ob die Klasse doch noch gehalten wird oder nicht. Manche Spieler wissen gar nicht, wie schön sie es in Trier haben. Das merken sie erst, wenn es vielleicht vorbei ist. Doch dann ist es zu spät für den Verein Eintracht Trier." Laut Wilhelmi soll auch in der Oberliga zunächst unter Profibedingungen weitergearbeitet werden. Das Ziel: der direkte Wiederaufstieg. Wilhelmi: "Wir werden uns in dieser Woche mit dem Trainer zusammensetzen und über Konzepte sprechen. Sie stehen und fallen aber mit der Solidarität der Sponsoren. Gibt es die nicht, wird es ganz, ganz schwierig - auch in der so wichtigen Jugendarbeit." Bayer Leverkusen II (13., 35 Punkte):

SC Verl (H), Spfr. Lotte (A), Düsseldorf II (A), Mönchengladbach II (H)

Fortuna Düsseldorf II (14., 35 Punkte):

1. FC Saarbrücken (A), SC Verl (H), Leverkusen II (H), Bonner SC (A)

Schalke 04 II (15., 34 Punkte):

Bonner SC (H), Köln II (A), Wormatia Worms (H), SV Elversberg (A)

Mainz 05 II (16., 33 Punkte):

Wormatia Worms (H), SV Elversberg (A), Eintracht Trier (H), Rot-Weiss Essen (A)

Wormatia Worms (17., 30 Punkte):

Mainz II (A), Kaiserslautern II (H), Schalke II (A), 1. FC Saarbrücken (H)

Eintracht Trier (18., 29 Punkte):

Waldhof Mannheim (A), Bochum II (H), Mainz II (A), Kaiserslautern II (H)

H: Heimspiel, A: Auswärtsspiel

Fan-Umfrage

Ralph Kirschner (Trier): Die Situation ist schlimm. Es geht wohl in die Oberliga. Nur mit neuen Leuten ist es zu schaffen, da noch mal rauszukommen. So nicht.
Fred Thömmes (Trier): Die Reißleine wurde zu spät gezogen. Der Abstieg ist besiegelt. Aber die Hoffnung stirbt zuletzt.
Dario Kimes (Trier): Wir müssen einen Neuanfang in der Oberliga machen. Vom alten Kader werden höchsten fünf Spieler bleiben. (hjk, TV-Fotos: Hans Krämer (3))

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