Ja zu Stolpersteinen

In Thalfang sollen Stolpersteine verlegt werden. Wenn es nach den Vorstellungen von rund 30 Bürgern geht, erinnern in Kürze Schilder an die große jüdische Gemeinde im Ort. Auch der Ortsgemeinderat Thalfang befasst sich in der nächsten Sitzung mit dem Thema.

 Viele Thalfanger wollen sich dafür einsetzen, dass im Ort Stolpersteine verlegt werden sowie über die große jüdische Gemeinde und ehemalige Mitbürger informieren. TV-Foto: Ursula Schmieder

Viele Thalfanger wollen sich dafür einsetzen, dass im Ort Stolpersteine verlegt werden sowie über die große jüdische Gemeinde und ehemalige Mitbürger informieren. TV-Foto: Ursula Schmieder

Thalfang. Der erste Schritt zum Verlegen von Stolpersteinen in Thalfang ist getan. Und nicht nur das, wie sich rund 30 Bürger einig sind, die auf Einladung der evangelischen Kirchengemeinde im Zusammenhang mit der Reichspogromnacht der Juden in Thalfang gedacht haben.

Sie wollen sich auch dafür einsetzen, dass am Standort der ehemaligen Synagoge ein Hinweis auf das 1956 wegen Baufälligkeit abgerissene Gebäude angebracht wird. Darüber hinaus sind auch Hinweise im Gespräch, die an die große jüdische Gemeinde im Ort (der TV berichtete) erinnern.

Zu Beginn des Regimes der Nationalsozialisten lebten in 27 Häusern jüdische Bürger. Die meisten von ihnen konnten rechtzeitig fliehen. 18 Bewohner von sieben Häusern wurden jedoch deportiert und ermordet oder gelten als verschollen. Das Ziel ist daher, möglichst vor allen sieben Wohnhäusern 18 Stolpersteine zu verlegen. Aber auch diejenigen, die rechtzeitig fliehen konnten, sollen auf Infotafeln genannt werden. Die Thalfanger wollen sich darum bemühen, dass mit Unterstützung von Zeitzeugen Einzelschicksale dokumentiert werden.

Nachkommen werden um Einverständnis gebeten



All diese Vorhaben setzen das Einverständnis etwaiger Nachkommen, heutiger Eigentümer und auch der Gemeinde voraus. Daher werden schon in den kommenden Tagen erste Schreiben an Hinterbliebene der Opfer versandt.

Übernehmen wird das Hilde Weirich, die 1995 mit Pfarrer Winfrid Krause das Buch "Beiträge zur Geschichte der Juden in Thalfang" herausgebracht hatte. Krause selbst will sich um das Schild für das Grundstück der ehemaligen Synagoge bemühen, mit dessen Eigentümer er bereits gesprochen hat. Horst Fetzer, Frank Hürtgen und Michael Klee werden in einem Lageplan alle Gebäude einzeichnen, in denen Menschen jüdischen Glaubens lebten.

Außerdem sollen Tallinger Jugendliche von ihren Recherchen berichten, die kürzlich zum Verlegen von vier Stolpersteinen führten. Lehrer Gerd-Jürgen Schmidt hofft, auch in Thalfang Jugendliche gewinnen zu können.

Die zweite Ortsbeigeordnete Vera Höfner wünscht sich zudem, dass auch der jüdische Friedhof eine Aufwertung erfährt. Thalfangs erster Beigeordneter Burkhard Graul wird die Anliegen in der nächsten Sitzung des Gemeinderates vorbringen: "Die Ortsgemeinde ist in der Pflicht, ihrer Juden zu gedenken." Mindestens ebenso wichtig sei jedoch, die Bürger aufzuklären und zu überzeugen, sie mitzunehmen. Thalfang dürfe sich seiner Juden nicht schämen. Vielmehr sollten "wir uns schämen, dass so etwas passiert ist".

Das nächste Treffen der Interessengruppe ist am Montag, 25. Januar, 19.30 Uhr im evangelischen Gemeindehaus.

Meinung

Erwartungen weit übertroffen

Das Erinnern an die jüdische Geschichte ist vielerorts heikel. Umso begrüßenswerter ist es, dass die Thalfanger sich des Themas jetzt annehmen. Das Ergebnis des Treffens hat alle Erwartungen übertroffen. Das Meinungsbild zur Verlegung von Stolpersteinen - zumindest der Anwesenden - ist eindeutig. Die Anwesenden befürworten es, dass der jüdischen Opfer des Nationalsozialismus gedacht wird. Bei dem Votum handelt es sich um alles andere als ein Lippenbekenntnis. Es fanden sich zahlreiche Freiwillige, die die nächsten Schritte tun wollen. Ein klares Signal kam auch von Burkhard Graul, der den erkrankten Thalfanger Ortsbürgermeister Franz-Josef Gasper vertritt: Das Thema soll auch Gegenstand der nächsten Ratssitzung sein. Mit einem klaren Votum der Kommunalpolitiker im Rücken kann das Vorhaben vielleicht schon schnell in die Tat umgesetzt werden. Sehr erfreulich wäre es darüber hinaus, wenn es gelingt, den jüdischen Friedhof und den Standort der ehemaligen Synagoge im Ortsbild sichtbarer zu machen. i.rosenschild@volksfreund.de

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort