Mehr als 100 Jahre Eisenbahn-Geschichte

Ein Stück Eisenbahngeschichte, die Zweigbahn Wengerohr-Kues, gehört zwar längst der Vergangenheit an - wird aber in Form der kulturell genutzten ehemaligen Güterhalle bis heute lebendig gehalten.

Bernkastel-Kues. Am 9. April 1880 gab auf mehrfache Bitte der Wein- und Fremdenverkehrsstadt Bernkastel-Kues der preußische Landtag in Berlin per Gesetz die Zustimmung zum Bau der Sekundärbahn Wengerohr-Kues als Bahnanbindung an die Strecke Koblenz-Trier.

Gefüllter Truthahn, Rehbraten, Entenragout, Forellen oder Schildkrötensuppe - mit einem Festessen für die jeweiligen Klassen und einer Tanzveranstaltung wurde am 31. Mai 1883 die Zweigbahn feierlich eröffnet. Viele der älteren Bürger können sich noch gut an die Bahn erinnern. So wie Paul Coen: "Erst als mein Großvater Johann Thiesen sein Backhaus nahe dem späteren Bahnhof Kues für 25 Thaler verkaufte, konnte mit dem Bau begonnen werden", weiß er zu berichten. Coens Vater Matthias war bis in die 50er Jahre als Heizer bei der Bahn tätig. Von Berufspendlern, Schülern und Ausflüglern wurde die Zweigbahn rege genutzt. Nach der Streckeneröffnung fuhren werktags neun und an Wochenenden sogar zehn Zugpaare mit Anschluss an die Züge der Hauptbahn Koblenz-Trier und später auch Richtung Daun/Gerolstein. Hinzu kamen täglich zwei Güterzugpaare mit landwirtschaftlichen Produkten und Kohlen sowie Weinfässer als Stückgüter oder Wagenladungen. "Als Kinder haben wir uns liebend gern auf die große Waage in der Güterhalle gestellt", erinnert sich Helmut Theis. Für Bernkastel-Kues und die an der Strecke liegenden Orte war die Stichbahn bis in die 50er Jahre unverzichtbar. Bedingt durch den aufkommenden Individualverkehr und die für die Deutsche Bahn kostengünstigeren Bahnbusse, schrumpfte der Schienenpersonenverkehr stetig und wurde am 1. Juni 1985 offiziell eingestellt. Aber es gab eine beschränkte Weiterführung, denn 1985 und in den beiden Folgejahren wurde ein sogenannter "Saisonverkehr" angeboten, immer freitagnachmittags von August bis Ende Oktober. Der Güterverkehr blieb noch bis Mai 1989 aufrechterhalten.

Im Gebäude zwischen Bahnhof und Güterhalle, wo früher die Frachtpapiere ausgestellt wurden, zog die "Volksbank" ein, bevor es im Zuge der Umgestaltung des Bahngeländes einer Durchfahrt weichen musste.

Das große Bahnhofsgebäude von 1904 in Fachwerkbauweise ist sehr in die Jahre gekommen und wartet immer noch auf eine Neu-Nutzung. Im Erdgeschoss lädt die Gaststätte "Station Kues" zum Verweilen ein. Restauriert und in gläserner Ummantelung präsentiert sich die "Güterhalle Alter Bahnhof" nebenan als gern genutzte Mehrzweckhalle.

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