"Die Kosten und Risiken sind zu hoch"

Michael Willkomm sorgt sich um das Moseltal bei Bernkastel-Kues. Grund dafür ist die Brücke, die als Fortsetzung der Bundesstraße 50 neu über die Mosel gebaut werden soll. Der geschäftsführende Gesellschafter der Peter Mertes Weinkellerei spricht sich für eine neue Verbindung von Wittlich in Richtung Hahn aus. Er bezeichnet den Hochmoselübergang an der geplanten Stelle jedoch als zu teuer und mit zu vielen Risiken verbunden.

Bernkastel-Kues. (har) Problematisch für Umwelt, Weinbau und Tourismus: So bezeichnet Unternehmer Michael Willkomm die Planungen für den Hochmoselübergang bei Ürzig. Im Interview mit dem Trierischen Volksfreund begründet der Geschäftsführer einer der größten Kellereien der Welt seine Haltung. Das Gespräch führte unser Redakteur Harald Jansen.

Als Unternehmer müssten Sie sich doch über den Bau der neuen Straße von Wittlich in Richtung Hahn freuen.

Willkomm: Unserem Betrieb wird die neue Brücke nichts bringen. Sie bedeutet für uns sogar einen Umweg. Wir haben das durchgerechnet. Unsere LKW werden wir weiter über Mülheim Richtung Hunsrück schicken.

Und wie sieht das bei den anderen Betrieben im Moseltal zwischen Traben-Trarbach und Bernkastel-Kues aus?

Willkomm: Die haben wohl ebenfalls keinen Vorteil durch die neue Brücke, wenn das Ziel der LKW im Süden liegt. Das hängt unter anderem mit der Linienführung zusammen.

Wieso das?

Willkomm: Die Strecke wird von Platten her kommend an einer der breitesten Stellen über eine 1,6 Kilometer lange Brücke über das Moseltal geführt, um später dann auf der anderen Seite auf einem schmalen Berggrat zu verlaufen. Neun Kilometer kommt die Straße nicht von der Stelle. Es gibt geeignetere Standorte, um eine Überquerung des Moseltals zu bauen. Die Linienführung stammt aus den 70er Jahren. Damals war es vielleicht eine Meisterleistung von Ingenieuren, eine 144 Meter hohe Brücke zu bauen. Das darf aber kein Grund sein für solche massiven Eingriffe, wie sie derzeit geplant sind.

Sind sie grundsätzlich gegen die B 50 neu?

Willkomm: Die neue Straße soll den Rhein-Main-Raum mit den Nordsee-Häfen verbinden. Das ist eine wichtige Aufgabe. Deshalb ist der Bau der Straße sinnvoll. Es sollte jedoch niemand glauben, dass die B 50 neu einen wirtschaftlichen Aufschwung für die Region bedeutet. Im Gegenteil.

Wie meinen Sie das?

Willkomm: Vom Zeltinger Sporn soll die neue Strecke an Wehlen und Graach vorbei neun Kilometer über ein schmales Plateau bis Bernkastel und dann Richtung Longkamp verlaufen. Ich kenne das betreffende Gelände sehr gut. Dort sollen allein neun Brücken gebaut werden. Die Bauarbeiten werden teuer werden und lange dauern. Dörfer und Städte werden unter extremem Schwerlastverkehr leiden.

Welche Folgen hat das Ihrer Meinung nach?

Willkomm: Ich glaube, dass der Bau der Brücke viel teurer wird als bisher behauptet. Nicht ohne Grund hat sich kein privater Investor gefunden, der den Bau finanzieren will. Die haben das durchgerechnet und festgestellt, dass sich das niemals rechnen wird.

Was bedeutet das konkret?

Willkomm: Ich weiß nicht, ob die Region zehn Jahre Bauzeit verkraften kann. Das Plateau ist viel schmaler, als man es auf Karten wahrnimmt, man muss die Geologie beachten. Die Linienführung läuft mehrere Kilometer oberhalb der berühmtesten Mittelmoselweinlagen von Wehlen und Graach. Auf dem Plateau ist es oft windig. Ich fürchte, dass der Staub sowohl dem Wein als auch dem Tourismus schaden wird. Viele bedeutende Weinlagen zwischen Traben-Trarbach und Bernkastel-Kues werden betroffen sein.

Wenn die Kosten sowie die Risiken für Weinbau und Tourismus so hoch sind, warum gab es jenseits des Umweltschutzes dann doch so relativ wenig Widerstand gegen die Brücke?

Willkomm: Vermutlich hat niemand geglaubt, dass der Hochmoselübergang jemals gebaut werden soll. Viele haben das für eine Vision ohne Chance auf Verwirklichung gehalten.

Zur person

Michael Willkomm, 59 (TV-Foto: Harald Jansen), ist Diplom-Volkswirt, und einer von zwei geschäftsführenden Gesellschaftern der Peter Mertes GmbH & Co. KG. Die Weinkellerei ist laut Branchenangaben der achtgrößte Betrieb dieser Art auf der Welt. In den Kellern des Betriebs lagern bis zu 50 Millionen Liter Wein. Mehr als 300 Menschen sind dort beschäftigt. Täglich werden zwischen 50 und 100 LKW-Züge abgefertigt.

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