Prozess um Vergewaltigung: Noch immer keine Klarheit

Trier · Seit fünf Monaten sitzt ein 32-Jähriger in Untersuchungshaft, weil er eine 21-Jährige Triererin vergewaltigt haben soll. Auch am dritten Prozesstag hat sich nicht geklärt, ob die schweren Vorwürfe der jungen Frau die Ereignisse der fraglichen Nacht wiedergeben.

Voller Speichelrückstände ist die Socke, mit der der Angeklagte im Vergewaltigungsprozess, der zurzeit vor dem Trierer Landgericht verhandelt wird (der TV berichtete), sein mutmaßliches Opfer geknebelt haben soll. Die rechtsmedizinische Untersuchung hat allerdings auch geringe Mengen Speichel des Angeklagten an der Socke ergeben. Wie diese an den Knebel gekommen ist, wurde vor Gericht allerdings nicht erörtert.

Ausgesagt hat am gestrigen dritten Prozesstag der Freund des mutmaßlichen Opfers. Er war in der Nacht zum 16. April plötzlich in die Wohnung seiner Freundin geplatzt. Ob er damit einer brutalen Vergewaltigung ein Ende setzte oder seine Freundin in flagranti beim Fremdgehen erwischte, klärte sich auch gestern nicht auf. Stutzig machte das Gericht, dass der Freund des mutmaßlichen Opfers sich offenbar nicht polizeilich verhören lassen wollte. "Ich hatte ihm deutlich gemacht, wie wichtig seine Aussage ist", sagte ein Polizist im Zeugenstand. Trotzdem sei der 23-Jährige mehreren Aufforderungen, seine Beobachtungen der Polizei zu schildern, zunächst nicht nachgekommen.

Vor Gericht gab der Trierer sich ebenfalls wortkarg. Auch weil er bis heute nicht konkret mit seiner Freundin über die Nacht gesprochen habe. "Ich will das alles gar nicht wissen", erklärte er vor Gericht.

Alle drei Polizisten, die am Tatort waren und das mutmaßliche Opfer später verhört haben, zweifeln offenbar an dessen Version der Nacht. "Was die Zeugin mir bei der Vernehmung erzählte, kam mir dubios vor - zum Beispiel, dass er sie geknebelt haben soll, obwohl er dann sofort Oralverkehr wollte", erklärte ein Kripo-Beamter. "Wegen der Diskrepanzen zwischen den Aussagen des mutmaßlichen Opfers und ihres Freundes hatte ich Zweifel am geschilderten Tathergang", bestätigte seine Kollegin. Hinweise darauf, dass die Umstände am Tatort inszeniert gewesen sein könnten, um eine Vergewaltigung vorzutäuschen, habe er allerdings nicht gehabt, sagte einer der Beamten auf Nachfrage von Richter Armin Hardt. Ein dritter Beamter schilderte allerdings, dass es am Tatort nicht so ausgesehen habe, "als ob die Kleidungsstücke mit Gewalt vom Körper des mutmaßlichen Opfers gerissen und weggeworfen" worden wären.

Der Prozess wird fortgesetzt am Freitag, 8. Oktober. Gehört werden soll dann eine Psychologin, die ein Gutachten zur Glaubhaftigkeit der Aussage des mutmaßlichen Opfers angefertigt hat.

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