Zeilen aus dem Reich der Mitte

Von Peking nach Trier und zurück: Die China-Korrespondentin Kristin Kupfer spricht an der Universität Trier über ihre Arbeit als Journalistin und erklärt, wie intensiv die chinesische Regierung ihr und ihren Kollegen buchstäblich auf die Finger guckt.

Trier. (kbb) Als im März 2008 die Randale in Tibet ausbrach, war sie dabei. Als es im September 2009 auf der Frankfurter Buchmesse zum Eklat zwischen Messeleitung und der chinesischen Delegation kam, auch: Kristin Kupfer begleitet den Aufstieg Chinas als freie Journalistin schon seit drei Jahren von Peking aus, schreibt unter anderem für "Die Zeit", "Die Tageszeitung" und das österreichische Polit-Magazin "Profil".

Auch aus aktuellem Anlass widmet sie sich in ihrem Vortrag der Frage, wie die ausländische China-Berichterstattung in Peking wahrgenommen wird: Gerade erst ist das Land durch das Urteil gegen den regierungskritischen Autor Liu Xiaobo international in die Kritik geraten. In eine brisante Lage geriet sie selbst, zusammen mit einem Kollegen, im Zusammenhang mit den Ausschreitungen in Tibet Anfang 2008: "Nach den ersten Randalen wurde ganz Tibet abgeriegelt, die Regierung hatte eine Informationssperre verhängt. Wir sind dann doch über die Grenze gekommen, illegal zwar, aber wir konnten sechs Tage lang berichten, bis man uns ausgewiesen hat", erzählt Kupfer. "Nach der Rückkehr wurden wir ins Pekinger Außenministerium zitiert, dort lagen unsere Texte, und wir mussten uns rechtfertigen, warum wir so kritisch berichten." Die in der chinesischen politischen Kultur übliche Unterscheidung zwischen "guter", also wohlwollender, und "schlechter", also kritischer, Berichterstattung über das Reich der Mitte zeigt viel vom Charakter des politischen Systems: Die mediale Berichterstattung ist noch immer stark reglementiert, die Zensur wird auch im Zeitalter des Internets noch aufrechterhalten - so gut es eben geht. "Das Internet hat gerade bei jungen Chinesen der ausländischen Presse den Rang abgelaufen. Das Ansehen der westlichen Berichterstattung sinkt, auch aufgrund handwerklicher Fehler und unzureichender Recherche", sagt Kupfer.

Für den Vortrag kehrt sie dorthin zurück, wo alles begann: An der Universität Trier studierte Kupfer Politikwissenschaft und Sinologie. Ihr Studium schloss sie im Jahr 2001 ab. Der Weg in den Journalismus führte für die profilierte Korrespondentin über viele Stationen - auch über den Trierischen Volksfreund, für den sie während der Uni als freie Mitarbeiterin schrieb. "Viele regimekritische Chinesen hoffen für die Durchsetzung von freier Meinungsäußerung auf Druck vom Ausland, das schließt auch die Journalisten ein", sagt Kupfer heute. "Wenn wir Korrespondenten Fehler machen, spielt das der Regierung in die Hände. Die sagen dann: ,Seht, so etwas kann in unserem kontrollierten System nicht passieren.'"

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