Asta versus Studentenverbindungen

Trier · Es ist ein Kampf der Hochschul-Kulturen: Auf der einen Seite studentische Verbindungen, auf der anderen der Asta. Beide stehen sich unerbittlich gegenüber. Dabei zeigte sich in einem Redaktionsgespräch beim TV und in Interviews: Toleranz sucht der Student gerade beim Asta vergeblich.

Nein, die ausgesprochenen Einladungen zu den Feiern der studentischen Verbindungen am Wochenende werde er wohl nicht annehmen. Enzo Sarnelli, Referent für Hochschulpolitik beim Asta (Allgemeiner Studierendenausschuss), bleibt auch nach fast zwei Stunden heißer Diskussionen seiner Linie treu: "Studentische Verbindungen haben aus meiner Sicht keine Existenzbegründung."

An Enzos Meinung können auch Michael Angele und Gereon Helmes nichts ändern. Michael vom Corps Marchia Brünn und Gereon vom Wissenschaftlichen Katholischen Studentenverband Unitas Trebeta reden und reden, doch Enzo lässt sich nicht beirren: "Die Struktur ist ein Problem: Der Lebensbund, die Uniform, das Singen der Nationalhymne, das Festhalten an Traditionen. Von hier ist man ganz schnell beim Thema Rechtsradikalismus. Seilschaften sind auch nicht von der Hand zu weisen, und das Tragen von Farben und der Fahnenkult samt Vaterlandskult machen mir Angst. Zudem schließen Verbindungen bestimmte Gruppen wie zum Beispiel Frauen oder nicht-katholische Männer aus."

Argumente, die auch in der Informationsbroschüre zu studentischen Verbindungen "Verbindungen beenden" vom Referat für Antirassismus & Antifaschismus des Asta ( www.uni-trier.de/fileadmin/studium/AStA/Referate/ANT/Verbindungen_beenden_-_Reader.pdf) zu lesen sind. Von dem sich aber die Trierer Verbindungen deutlich distanzieren.

"Der Asta schert mit seiner Hetzschrift gegen Verbindungen alle Verbindungen über einen Kamm. Klischees wie frauenfeindlich, ausländerfeindlich, rechtsradikal werden schlicht bedient. Kein Mitglied des Asta war je in unserem Haus und hat sich mal angesehen, was hier passiert. Die angebliche Toleranz, die der Asta zu Recht fordert, sollte er mal an sich selbst überprüfen", sagt Matthias Schneider von der Katholischen Studentenverbindung Churtrier. Auch die anderen Verbindungen werfen dem Asta mangelnde Toleranzbereitschaft vor.

"Die Verbindungen sind tolerant gegenüber dem Asta. Und wir fordern, dass der Asta genauso tolerant zu uns ist", sagt Gereon Helmes. Florian Lenz vom Katholischen Studentenverein Egbert ergänzt: "Es war immer so, dass wir bereit waren, uns mit Asta-Mitgliedern auseinanderzusetzen, uns zu präsentieren und in der Diskussion Ansichten und Argumente auszutauschen. Leider haben wir vom Asta und den ihn tragenden politischen Hochschulgruppen nie diese Bereitschaft erlebt, sondern in der Regel ideologisch geprägte, grundsätzliche Ablehnung von deren Seite." Auch Enzo bringt viele Argumente allgemeiner Natur vor. Bei den Trierer Verbindungen, gibt er selber zu, sei er nicht so sehr im Bilde. "Ich war noch nie hier in Trier in einem Verbindungshaus. Ich kann euch nicht vorwerfen, rechts zu sein. Was ich euch aber vorwerfen kann, ist, dass ihr Strukturen samt Uniformen, Fahnen und Vaterlandskult unterstützt, in denen sich Rechte zu Hause fühlen. Diesen Vorwurf muss man sich gefallen lassen." Was Enzo aber auch erwähnt: Einen direkten Kontakt zwischen Verbindungen und Rechtsextremen, so die Antwort auf die kleine Anfrage der Linken im Bundestag, gibt es nicht.

So sehr sich auch die Vertreter der Verbindungen winden, von einer Abkehr seiner Einstellung ist Enzo dennoch weit entfernt. „Ich selber bin Halb-Rumäne. Wir haben Kenianer und Brasilianer in unserem Corps – das sagt doch wohl alles“, erwidert Michael. Und Florian ergänzt: „Die Staatsangehörigkeit spielt bei uns keine Rolle. Interessierte müssen sich zum Grundgesetz und der freiheitlich-
demokratischen Grundordnung bekennen. Wer einer Partei angehört, welche diese Institutionen ablehnt oder ihr in seinem Denken
nahe steht, kann bei uns nicht Mitglied sein.“ Auch Michael bestätigt, dass die Tür des Corps für solche mit extremistischer Gesinnung geschlossen bleibe. Seit 2004 gibt es in seinem Verband sogar einen Beschluss, der das Tragen des Coleurs auf politischen Veranstaltungen verbietet. Und Neu-Mitglieder werden ein Semester genau unter die Lupe genommen. „Dass wir uns von den
wenigen schwarzen Schafen distanzieren, steht außer Frage. Schert uns nicht mit den wenigen über einen Kamm, die negativ auffallen“, so die Forderungen an den Asta.

Doch Enzo bleibt dabei: „Ich habe mir das alles selbst einmal in Bonn angeschaut. Man trinkt gemeinsam, singt zusammen, alles sehr illuster und erhaben. Ich habe auch schon miterlebt, wie die eigene Fahne eingeholt wurde. Nachbetrachtend fand ich das alles
sehr unheimlich.“ Freundschaftliche Gemeinschaft, Hilfe beim Studium, ein günstiges Wohnungsangebot, dazu regelmäßige Info-Veranstaltungen und deutschlandweite Kontakte – all das bieten die Verbindungen vor Ort. Im Vordergrund stehen aber häufig
die üblichen Vorurteile. „Wenn man irgendwo hinkommt und erwähnt, dass man in einer Verbindung sei, hört man immer wieder:
‚Du? Das hätten wir dir aber nicht zugetraut.’ Erst in persönlichen Gesprächen lassen sich die Vorurteile dann entwerten“, erzählt Gereon. Eine Hoffnung, die alle auch im Hinblick auf den Asta nicht aufgeben.

Keine Reaktion auf verschiedene Kontakt-Anfragen gab es von den Verbindungen Moselfranken und Germania.

Mehr Zulauf
(dpa) Noch vor kurzem waren sie völlig „out“ - jetzt erhalten Burschenschaften wieder mehr Zulauf. Mehr als 500 neue Mitglieder pro Jahr verzeichnet etwa der Cartellverband der katholischen deutschen Studentenverbindungen (CV) in Bensheim.
Vor einigen Jahren waren es noch weniger als 300. „Der Trend hat sich gedreht“, sagte CV-Geschäftsführer Richard Weiskorn dem Magazin „Junge Karriere“. Mittlerweile kommen die deutschen Verbindungen den Angaben zufolge wieder auf etwa 160 000 Mitglieder.
Grund dafür ist nach Expertenansicht auch die Umstellung auf die neuen Bachelor- und Masterabschlüsse an Hochschulen, durch die das Karrieredenken der Studenten gefördert werde. „In der Anonymität der marktmäßig orientierten Universitäten suchen Studenten nach Kameradschaft als Reaktion auf den frustrierenden Hochschulalltag“, sagte der Politikwissenschaftler Christoph Butterwegge aus Köln dem Magazin. Viele entschieden sich vor allem deshalb für den Eintritt in Verbindungen, weil sie glauben, so Kontakte knüpfen zu können und damit bessere Chancen bei der späteren Jobsuche zu haben.

MEINUNG: Umdenken!

Von Manuel Kölker
Toleranz ist eine Frage des gegenseitigen Respekts. Während die Verbindungen in Trier diesen Respekt dem Asta entgegenbringen, ist bei der Gegenseite kein Deut davon zu spüren. Bestes Beispiel ist die höchst einseitige Informationsbroschüre, in dem die Verbindungen selbst gar nicht zur Sprache kommen. Dabei zeigen sie sich in Gesprächen als gemäßigt und in keiner Weise als
rechtsradikal oder rechtsgerichtet. Die Trierer Verbindungen schaden keinem, der Asta sollte umdenken.

m.koelker@volksfreund.de



VOR ORT:
Katholische Studentenverbindung Churtrier: 1960 gegründet, nichtschlagend, farbentragend (rot-goldgrün), Wahlspruch: „In fide fortis“ (lateinisch, „Im Glauben stark), Böhmerstraße 11, 54290 Trier, Telefon 0651/72513, www.churtrier.de.

Trierer Burschenschaft Germania: 1981 gegründet, schlagend, farbentragend (schwarz-karmesinrot-gold), Wahlspruch: „Gott, Ehre, Freiheit, Vaterland“, Hunsrückstraße 15, 54295 Trier, Telefon 300637, www.trierer-burschenschaft.de.

Corps Marchia Brünn: 1865 gegründet, schlagend-farbentragend (grün-weiß-rot), Wahlspruch: „Durch Eintracht stark, von Mut durchglüht“, Bonnerstraße 80-85, 54294 Trier, Telefon 0651/80773, http://marchia-bruenn.de.

Katholischer Studentenverein Egbert: 1960 gegründet, nicht-schlagend, farbenführend (blau-gold-rot), Wahlspruch: „Ab igne ignem“ (lateinisch, „Feuer vom Feuer“), Thyrsusstraße 164, 52292 Trier, Telefon 0651/46028804, www.ktsv-egbert.

Katholische Deutsche Burschenschaft Moselfranken: nicht-schlagend, farbentragend (rot-violett auf weißem Grund), Wahlspruch: „Omnia probate, bonum tenete“ (lateinisch, „Prüfe alles und halte am Guten fest“), Im Sabel 11, 54294 Trier, Telefon 0651/9955767,
www.moselfranken.rkdb.de.

Wissenschaftlicher katholischer Studentenverband Unitas Trebeta: 1957 gegründet, nicht-schlagend, farbenführend (blau-weißgold), Wahlspruch: „In necessariis unitas, in dubiis libertas, in omnibus caritas“ (lateinisch, „Im Notwendigen herrsche Einmütigkeit, im Zweifelhaften Freiheit, in allen aber Liebe“), Retzgrubenweg 6, 54295 Trier, Telefon 0651/309473, www.unitas-trebeta.de. (mek)

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