Ohne ihn geht's auch

Seit Monaten ist Wittlichs Bürgermeister Ralf Bußmer krankheitsbedingt nicht im Dienst. Wie sich das auf die Geschicke der Stadt auswirkt, wird von den Fraktionen im Stadtrat unterschiedlich bewertet.

 Die Aufgaben von Ralf Bußmer – hier bei einem off´iziellen Termin vor einigen Monaten – nehmen derzeit Beigeordnete wahr. TV-Fotos: Archiv/Sonja Sünnen, privat (4), Archiv/Karl-Heinz Gräwen

Die Aufgaben von Ralf Bußmer – hier bei einem off´iziellen Termin vor einigen Monaten – nehmen derzeit Beigeordnete wahr. TV-Fotos: Archiv/Sonja Sünnen, privat (4), Archiv/Karl-Heinz Gräwen

Wittlich. Haushalt, Stellenstreichung des Postens des Kulturamtsleiters, Rathausneubau oder Zusammenarbeit mit der Verbandsgemeinde Wittlich-Land: Am Entscheidungsprozess all dieser Themen konnte Wittlichs Bürgermeister Ralf Bußmer (FDP) krankheitsbedingt nicht mitwirken. Wann er wieder in den Dienst zurückkehrt, kann Stadtsprecher Ulrich Jacoby immer noch nicht sagen. Auf Anfrage teilt er mit, dass sich die Dauer einer Erkrankung nicht festlegen lasse. Sie sei "vom Genesungsverlauf abhängig. Deshalb ist uns der Zeitpunkt nicht bekannt."

Seit Wochen werden die Aufgaben des Bürgermeisters vom Beigeordneten Albert Klein und bei dessen Verhinderung von den anderen beiden Beigeordneten wahrgenommen. Wie viele Stunden dafür aufgewendet werden, kann die Verwaltung nicht beziffern. Dies sei arbeitsabhängig. Auch die Lenkung der Verwaltung sei geregelt, teilt Jacoby mit. "Der Abwesenheitsvertreter des Bürgermeisters (oder seines allgemeinen Vertreters) in der Verwaltung ist der Leiter des Zentralbereichs, Stadtoberverwaltungsrat Ulrich Jacoby."

Ob das Fehlen des Bürgermeisters Auswirkungen auf die Arbeit von Verwaltung und Rat hat, wollte der TV von den Vorsitzenden der im Stadtrat vertretenen Fraktionen wissen. Die Antworten fielen unterschiedlich aus:

Elfriede Meurer (CDU): "Kaum ist ein Mensch krank, wird über seine Ersetzbarkeit spekuliert? Wohin führt diese Frage? Nach Paragraph 50 der Gemeindeordnung vertritt der vom Stadtrat gewählte 1. Beigeordnete den Bürgermeister, wenn er länger als drei Tage seine Aufgaben nicht wahrnehmen kann. Natürlich bedeuten längere Vertretungen eine Belastung für ehrenamtliche Beigeordnete. Das Gesetz bietet keine Alternative, aber kompetente Unterstützung durch die Verwaltung."

Joachim Gerke (SPD): "Die zahlreichen Besucher der Sitzung des Stadtrats am 10. Februar haben einen nachhaltigen Eindruck erhalten, wie sich das Fehlen des Bürgermeisters auswirkt. Die Fortsetzung folgt am 19. März 2009. Verschaffen Sie sich einen eigenen Eindruck!"

Jörg Hosp (FDP): "Die Gemeindeordnung sieht die Vertretung des Bürgermeisters durch den ersten Beigeordneten vor. Die Verwaltungsaufgaben werden von Herrn Jacoby stellvertretend übernommen. Beide leisten hervorragende Arbeit und kompensieren die Vakanz ohne Qualitätsverlust. Die Krankheit des Bürgermeisters ist keine öffentliche Angelegenheit. Ich halte die Anfrage für unnötig, sie dient allenfalls der Stimmungsmache."

Michael Wagner (Bündnis90/Grüne): "Ich verweise auf die Sitzungen des Stadtrats am 12. und 14. Februar. Sie sprechen aus meiner Sicht für sich selbst und beantworten die Fragestellung. Sollte jemand weitere Hinweise brauchen, die nächste Sitzung findet schon in zwei Wochen statt."

Klaus Petry (FWG): "Im Namen der FWG kann ich Ihnen nur mitteilen, dass wir solche Art von Fragen nicht beantworten."

Meinung

Zukunftsweisend

Albert Klein und Ulrich Jacoby können sich zu Recht freuen. FDP-Fraktionschef Jörg Hosp attestiert ihnen, dass sie die Abwesenheit des Bürgermeisters ohne Qualitätsverlust kompensieren. Schließlich versieht der Beigeordnete seinen Vertretungsdienst neben einer hauptberuflichen Tätigkeit und leitet der Stadtoberverwaltungsrat den Zentralbereich der Verwaltung. Sicherlich zwei an sich schon ausfüllende und anspruchsvolle Tätigkeiten. Dass beide noch zusätzlich die Aufgaben des erkrankten Bürgermeisters wahrnehmen, ehrt sie. Es zeigt zudem, dass das derzeit in Wittlich praktizierte Vertretungsmodell zukunftsweisend ist. Denn aus Sicht der Stadtratsmehrheit ist es möglich, dass eine Stadt mit rund 18 000 Einwohnern auch gut ohne hauptamtlichen Bürgermeister funktioniert. So wird das bereits seit Jahren in Konz praktiziert. Die Stadt ist zwar verbandsgemeindeangehörig. Das tut dem Gestaltungswillen und der Gestaltungsfähigkeit der Konzer Bürgervertretung jedoch keinen Abbruch. Und Geld spart es obendrein. Was will man mehr? h.jansen@volksfreund.de

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