Immer mehr Betrugsfälle in Rheinland-Pfalz Mit welchen Tricks falsche Polizisten arbeiten

Wittlich/Trier/Mainz · Falsche Polizisten locken Senioren immer häufiger in die Falle. Ein Ermittler aus Wittlich verrät, wie Banden arbeiten – und wie echte Behörden ihnen im Nacken sitzen.

  Dass falsche Polizisten älteren Menschen ans Geld wollen, darüber hat der TV bereits ausführlich berichtet. In unserem heutigen Beitrag schildert ein Wittlicher Ermittler, wie Beamte den Betrügern auf die Schliche kommen.

Dass falsche Polizisten älteren Menschen ans Geld wollen, darüber hat der TV bereits ausführlich berichtet. In unserem heutigen Beitrag schildert ein Wittlicher Ermittler, wie Beamte den Betrügern auf die Schliche kommen.

Foto: dpa/Julian Stratenschulte

Die drei Geld-Abholer gehörten zu einer Bande, die Rentnern am Telefon vorgaukelte, von der Polizei zu sein – und sie um ihr Erspartes bringen wollte. Momentan müssen sich die Männer vor dem Trierer Landgericht wegen Betrugs verantworten (der TV berichtete mehrfach). Doch Senioren müssen auf der Hut sein. Denn um Einzelfälle handelt es sich bei der Masche schon lange nicht mehr, sagt das Landeskriminalamt am Montag in Mainz.

Immer häufiger kämpfen rheinland-pfälzische Kriminalbeamte gegen falsche Polizisten und deren korruptes Netzwerk. 1,5 Millionen Euro zockten Banden alleine 2017 im Land ab, bei 600 000 Euro liegt der Schaden bereits in diesem Jahr. Nach oben schnellte die Zahl betrügerischer Anrufe: Waren es im gesamten Vorjahr 1584 in Rheinland-Pfalz, sind es nun nach den ersten sechs Monaten schon 1811. „Besonders vermeintlich einsame, hilflose, ältere Menschen sind betroffen“, warnt Ralf Durben, Leiter der Kriminalinspektion Wittlich.

Der Ermittler weiß aus seiner täglichen Arbeit, wie Gauner in den meisten Fällen vorgehen: In Ländern wie der Türkei sitzen in Callcentern Mitarbeiter, die akzentfrei Deutsch sprechen – oder regionale Mundarten beherrschen. Sie geben sich gegenüber Senioren als Polizisten aus und erschleichen sich mit einer falschen Geschichte das Vertrauen, schildert Durben. „Häufig erzählen sie, dass eine Einbrecherbande ihr Unwesen treibe, ein Mitglied verhaftet worden sei und auf einer Liste weiterer Ziele auch die Angerufenen stünden. Opfern raten sie dann, ihr Vermögen komplett bei der Bank abzuheben und es einem angeblichen verdeckten Ermittler zu übergeben.“

Um nicht aufzufliegen, tarnten sich die falschen Polizisten aus den Callcentern mit unauffälligen Namen wie „Herr Schneider“ und ließen im Hintergrund gar Tonbandgeräusche laufen, um die Kulisse einer Polizeiwache vorzutäuschen. Springen Senioren auf die Betrüger an, setzten die Bande auf Logistiker, die Abholer für die Beute bestellen. Zu denen dürfte es aber keinen persönlichen Kontakt geben. „Häufig kommt es vor, dass Opfer das Geld in den Briefkasten legen oder aus dem Fenster werfen müssen“, erzählt Durben. Um Druck aufzubauen, riefen falsche Polizisten auch bis zu 100-mal am Tag an. Echte Beamte, sagt Durben, würden so nie handeln.

Was es für Betroffene schwer mache, sei der technische Trick von Tätern, mit einer vorgetäuschten Nummer anzurufen – gerne mit der 110, unter der die Polizei „aber nie anruft“.

Für Opfer kann die Masche teuer werden. Bei 350 000 Euro lag die höchste Summe, die in nur einem Fall im vergangenen Jahr gestohlen wurde. 170 000 Euro kosteten die falschen Polizisten in diesem Jahr einen Rheinland-Pfälzer, teilt das LKA mit. „Manche Menschen verlieren ihr gesamtes Erspartes für den Lebensabend“, bedauert Gerhard Jost von der Kriminalinspektion Kaiserslautern. Oft schämten sich Betroffene gegenüber Verwandten, Erben und Freunden, reingelegt worden zu sein. „Die meisten Menschen machen sich kein Bild, wie professionell die Betrüger ausgebildet sind“, sagt Jost. „Niemand ist dumm, wenn er auf falsche Polizisten reinfällt.“

Immerhin: Echte Polizisten sitzen den falschen Polizisten dichter im Nacken. In Bitburg gelang es im vergangenen Jahr, Gespräche eines Callcenters abzuhören. Wie das geglückt sei, will Durben nicht verraten. Wohl aber, was folgte: Das Polizeipräsidium Trier weitete Ermittlungen aus, schaltete Behörden, Staatsanwälte in mehreren Bundesländern ein. Der Lohn: Bundesweit schnappten Polizisten Abholer und Logistiker, verhinderten einen Schaden von 2,5 Millionen Euro.

Trotzdem liegt vor den Ermittlern ein weiter Weg. Alleine sechs Meldungen gingen in der Region Trier in der vergangenen Woche schon wieder bei der Polizei ein – wegen falscher Polizisten.

Video: Ermittler berichtet, wie falsche Polizisten tricksen

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort