Haustiere Leere Regale: Was das für Mieze, Bello und ihre Besitzer bedeutet

Daun/Jünkerath/Altrich · Eine weitere Folge von Krieg und Energiekrise betrifft vollkommen unschuldige Geschöpfe: Haustiere. Ihre Versorgung wird deutschlandweit schwieriger. Auch Futterspenden gehen dramatisch zurück.

Die Regale für Tierfutter in vielen Supermärkten und Discountern sind seit vielen Wochen so gut wie leer.

Die Regale für Tierfutter in vielen Supermärkten und Discountern sind seit vielen Wochen so gut wie leer.

Foto: Angelika Koch

Nach Toilettenpapier zu Pandemiebeginn und Sonnenblumenöl zu Kriegsanfang tun sich in den Läden des täglichen Bedarfs mittlerweile andere Lücken auf. Katzen- und Hundehalter stehen seit Wochen oft vor kleinen Restbeständen weniger Sorten oder gänzlich leeren Regalen. Betroffen sind so gut wie alle Einzelhandelsketten und Marken, auch die jeweiligen Eigenmarken. Und das Futter ist nicht nur rar geworden, sondern auch teuer.

Tierteller Eifel e.V.: mehr Kunden, weniger Spenden

Hans-Dieter und Luise Budick sind Initiatoren des Tiertellers Eifel e. V., welcher nach Vorbild der Tafeln bedürftigen Tierhaltern Futter und andere Unterstützungsleistungen zukommen lässt. Sie schildern die Situation: „Die Futterknappheit und die enormen Preissteigerungen in fast allen Bereich haben auch wir gemerkt. Bei jeder Futterausgabe, egal ob Gerolstein oder Hallschlag, bekommen wir seit ein paar Monaten neue Kunden dazu, die sich einfach das Futter nicht mehr leisten können.“

Die Versorgungslage des Vereins mit Trockenfutter sei bislang durch Vorräte und Großspenden noch etwa zwei Monate lang gesichert, aber bei Feuchtfutter werde es bereits eng. „Daher haben wir in diesem Monat einige unserer Sponsoren zwecks Futterspenden kontaktiert, wobei wir von fünf Anfragen bereits zwei Absagen bekommen haben.“ Die Absagen wurden mit stark erhöhtem Anfrageaufkommen anderer Tiertafeln und Tierheime begründet.

Tierheim Altrich: Immer mehr Menschen geben ihre Haustiere aus Kostengründen ab

Das Eifeltierheim in Altrich hat nach Angaben von Rainer Kordel, dem Leiter der Einrichtung, bislang keine Probleme mit der Nachbestellung von Futter, das gleich palettenweise geordert wird. Doch er bemerkt, dass die Spendenboxen in den Supermärkten, in denen tierliebe Kunden Nass- und Trockenfutter abgegeben, deutlich weniger gut gefüllt sind als früher. Eine Schere tut sich auf. „Wir bekommen mehr Fundtiere herein, auch geben immer mehr Menschen ihre Haustiere ab, weil sie die Kosten nicht tragen können. Das betrifft nicht nur Katzen, sondern auch Kaninchen und andere Kleintiere. Zugleich sinken die Vermittlungen.“ Mehr tierische Bewohner brauchen mehr Futter. Hinzu kommt eine Herausforderung, die speziell Katzenhalter kennen: Die individualistischen Fellnasen sind überaus wählerisch, brauchen geschmackliche Abwechslung und verschmähen ohne für Menschen erkennbaren Grund manche Sorte. Mit dem Argument Lieferengpässe kann man sie nicht überzeugen.

Die Gründe für die Ausfälle beim Tierfutter

Der Industrieverband Heimtierbedarf (IVH) warnt in einer Pressemitteilung eindringlich: „Die anhaltenden Preissteigerungen besonders in den Bereichen Rohmaterialien, Energie, Verpackung und Logistik und die immer häufiger auftretende Unterbrechung der Lieferketten stellen die Heimtierbedarfsindustrie vor nie dagewesene Herausforderungen.“ Infolge der Gas-Einschränkungen sei die Futterversorgung in Deutschland stark beeinträchtigt. IVH-Geschäftsführerin Katrin Langner bezeichnete die Lage als „dramatisch“ bis hin zu Totalausfällen einiger Hersteller. Betroffen seien 47 Prozent aller Haushalte, denn so viele halten Heimtiere. Das Tierwohl sei akut gefährdet, das Tierschutzgesetz mit der Vorgabe artgerechter Ernährung könne so nicht mehr befolgt werden. Denn Tierfutter muss laut Gesetz bei der Herstellung auf siebzig Grad erhitzt werden. Dies geschieht fast ausnahmslos mit Gas als Energiequelle. Ein Ausweichen auf Öl als Energiequelle sei kurz- oder mittelfristig kaum machbar.

Zoo-Fachhandels-Branche will als systemrelevant eingestuft werden

In einem Offenen Brief an die Bundesnetzagentur und die zuständigen Ministerien forderten die führenden Zoofachhandelsgruppen, der Zentralverband Zoologischer Fachbetriebe und der Industrieverband Heimtierbedarf die Anerkennung der Branche als systemrelevante, kritische Infrastruktur. Ein Ausweichen auf für Menschen geeignete Nahrung sei angesichts von 16 Millionen Katzen und zehn Millionen Hunden nicht möglich und gefährde die Versorgungssicherheit der Bevölkerung. In dem Brief, der unter anderem vom Kölner Zoo und von der Kette „Fressnapf“ unterzeichnet wurde, heißt es: „Mit großer Besorgnis verfolgen die unterzeichnenden Unternehmen und Verbände der Heimtierbranche die aktuellen Entwicklungen im Kontext der Ukrainekrise. Wir sind uns der Komplexität des Konfliktes bewusst, der uns insbesondere im Hinblick auf die hiermit verbundene humanitäre Katastrophe sehr betroffen macht. In einem beispiellosen Umfang stellen Industrie und Handel sowie Verbände Geld- und Sachspenden bereit, organisieren Tierschutzorganisationen die Versorgung in den betroffenen Regionen und spenden Unternehmen und Tierfreunde für Mensch und Tier.“ Die Bundesnetzagentur reagierte nicht auf den offenen Brief. Fiete Wulff, Pressesprecher der Bundesnetzagentur, betont jedoch auf Anfrage des Trierischen Volksfreunds, dass die Entscheidungen in einer Gasmangellage immer Einzelfallentscheidungen seien (s. Extra).

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort