TV-Serie „Jüdische Friedhofe“ 28 Menschen aus Irrel überlebten den Holocaust nicht

Irrel · In der TV-Serie „Jüdische Friedhofe“ stellen wir heute die Begräbnisstätte in Irrel vor. Sie zeugt vom früher regen jüdischen Leben, das jäh endete.

 Erinnerungstafel auf dem jüdischen Friedhof Irrel.

Erinnerungstafel auf dem jüdischen Friedhof Irrel.

Foto: tv/Christina Bents

Im jüdischen Glauben hat der Friedhof verschiedene Namen: Haus der Gräber, Haus des Lebens oder Haus der Ewigkeit. Im Jiddischen spricht man auch vom „guten Ort“. Das Grab bleibt für die Ewigkeit bestehen „bis zur Auferstehung“. Der Friedhof ist immer im Eigentum der jüdischen Gemeinde. Weil die Toten außerhalb des Wohnbereichs der Lebenden begraben werden sollen und weil die Verantwortlichen in den christlichen Gemeinden und Städten nicht bereit waren, den Juden Land zur Verfügung zu stellen, sind die jüdischen Friedhöfe oft weit außerhalb der Dörfer.

Der jüdische Friedhof in Irrel ist da eine Ausnahme. Er ist direkt an der Talstraße, unweit der alten Bahnhofstraße. Sechs Fragmente von Grabsteinen sind noch zu sehen, wenn man die Stufen zum „Haus der Ewigkeit“ hochsteigt. Lesen kann man keine Inschriften auf den Grabsteinen mehr.

Der Friedhof ist trotz seiner Lage direkt an der Straße ein Ort der Ruhe. Er ist gepflegt, weiße Kiesel liegen auf den Grabstellen, Bäume wachsen dort. Eine Tafel ist aufgestellt mit der Aufschrift: „Zur Erinnerung an unsere Bürger jüdischen Glaubens und zum Gedenken an ihr in den Jahren 1933 bis 1945 durch Unrecht und Gewalt erlittenes Schicksal. Die Bürger der Gemeinde Irrel.“ Der Friedhof hat heute eine Größe von etwa 130 Quadratmetern.

Die Einfassungsmauer des Friedhofs und etliche Grabsteine wurden durch Kriegseinwirkungen im Zweiten Weltkrieg zerstört. Bei der Instandsetzung hat man die Straße verbreitert und dadurch die Fläche des Friedhofs verkleinert. Für die Anlage des Friedhofs gibt es keine genauen Daten. Über eine mögliche Schändung in der Reichspogromnacht gibt es keine Aussagen. 

Der erste jüdische Einwohner in Irrel war Salomon Kallmann. 1841 hat er Adelheid geheiratet. 1888 wurden vier Familien mit etwa 30 Angehörigen gezählt, 1895 36. 

Die Zahl sank bis 1925 auf 17 und 1933 auf 15. Einen Betsaal gab es im Obergeschoss des Gasthauses Kallmann.  Auch eine Schule (Religionsschule) befand sich im Ort.

Peter Wagner hat diese Fakten sowie eigene Erinnerungen 2014 in einem kleinen Buch „Spuren jüdischer Familien in Irrel“ aufgeschrieben. Die Nachfahren von Salomon Kallmann waren die letzten Juden, die Irrel 1938 Richtung Trier verlassen haben. Schon vorher waren viele wegen der Folgen des wirtschaftlichen Boykotts, der zunehmenden Entrechtung und der Repressalien weggezogen oder ausgewandert.

Direkte Deportationen aus Irrel habe es nicht gegeben, wie Helga Wagner, Ehefrau von Peter Wagner, der inzwischen verstorben ist, erzählt. 28 Menschen aus Irrel sind in Vernichtungslagern ermordet worden; 19 emigrierten. Kontakte gab es noch zu ehemaligen jüdischen Irrelern, die ins Ausland, vor allen in die USA, geflüchtet waren.

Das Verhältnis vieler Irreler zu den jüdischen Mitbürgern vor der Zeit des Nationalsozialismus sei unbelastet gewesen, erzählt Helga Wagner. „Es war absolut normal. Man hat sich gut vertragen. Es gab zwar Begriffe wie ,Juden-Ida’’, aber das war zur Unterscheidung von anderen christlichen Idas und nicht herabsetzend gemeint.“

Der Gastwirt Kallmann hatte etwa bei einem Bischhofsbesuch im Ort folgendes Transparent an sein Gasthaus gehängt: „Bin ich auch ein Israelit, so ehr’ ich doch euren Bischof mit.“ Der Kontakt zu den jüdischen Menschen, die von Irrel aus nach Trier oder Luxemburg geflohen seien, sei oft aufrechterhalten worden, berichten Zeitzeugen. Einige Irreler hätten ihre früheren jüdischen Nachbarn dort mit Lebensmitteln versorgt, um sie zu unterstützen.

Dieser Artikel erscheint im Rahmen der TV-Serie „Jüdische Friedhöfe im Eifelkreis“. Alle bisher erschienenen Teile findet man unter www.volksfreund.de/juedischefriedhöfe

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