Eine Umarmung für die Paten

Das Lern- und Lesepatenprojekt der Konzer Doktor-Bürgerstiftung ist einmalig in der Region. 120 ehrenamtliche Helfer unterstützen Kinder in allen Schulen in der Verbandsgemeinde Konz.

Eine Umarmung für die Paten
Foto: (g_wissen

Eine wissenschaftliche Studie belegt den Erfolg des Projekts. Nora (9) springt auf. Sie läuft Dieter Wojanowski entgegen, als er die Tür zu einem der Klassenzimmer in der Grundschule St. Johann öffnet. Der 72-Jährige kommt zu seinem wöchentlichen Termin in Konz-Karthaus, und die Schülerin empfängt ihn mit einer Umarmung. Das Mädchen freut sich offensichtlich sehr, dass der Rentner da ist.

Während der herzlichen Begrüßungszeremonie sitzen Keanu (10) und Eva Gebert (74) schon an einem Tisch, daneben haben es sich Lilly (8) und Elfie Thesen (60) gemütlich gemacht. Die Kinder lösen ihre Hausaufgaben, ihre Lernpaten helfen ihnen. "Das gefällt mir nicht, was du da geschrieben hast", sagt Gebert.

Keanu korrigiert seinen Satz. Die Frau nickt. Sonst lasse er sich leicht ablenken, wenn um ihn herum etwas passiere, erzählt Keanu. Neben der Lernpatin ist er konzentriert. "Ich habe das gerade verstanden", verkündet Nora ihr Erfolgserlebnis am Nachbartisch. Wojanowski erklärt: "Sie hat gerade die schriftliche Subtraktion von Einsern, Zehnern und Hundertern begriffen."

Heute sind in der Karthäuser Schule drei Erwachsene und drei Schüler - sonst kommen etwa acht Kinder auf drei Lernpaten. Denn die Eins-zu-eins-Betreuung ist nicht üblich bei dem Projekt der Konzer-Doktor-Bürgerstiftung, aber die Zusammenarbeit der Schulen in der Verbandsgemeinde Konz mit den etwa 120 ehrenamtlichen Lern- und Lesepaten funktioniert ausgezeichnet (siehe Extra). So gut, dass eine Studie der Pädagogik-Professorin Michaela Brohm dem Projekt beste Ergebnisse bescheinigt: Die Schüler verbessern ihr Sprachvermögen, ihre Sozialkompetenz und ihre Fähigkeit, Krisen zu bewältigen, hat ihre Studie an der Uni Trier ergeben. "Das Programm steigert auch das Wohlbefinden von Schülern und Lernpaten", sagt Brohm. Das belegen Interviews und empirische Studien. Brohms Fazit: "Das ist ein richtig tolles Projekt, das Kindern und Jugendlichen wirklich hilft."

Die Wissenschaftlerin will deshalb zusammen mit dem Vorsitzenden der Konzer-Doktor-Bürgerstiftung Hartmut Schwiering und dem Karthäuser Grundschulleiter Thomas Kürwitz einen Leitfaden zu dem Programm veröffentlichen, damit andere Verbandsgemeinden es nachahmen können. Die drei sind von dem Vorbildcharakter überzeugt. Dabei ahnten weder Schwiering noch sein Stellvertreter Kürwitz im Gründungsjahr der Stiftung 2008, dass das Patenkonzept ein Dauerbrenner wird. Inzwischen hat die Bildungsstiftung, wie Schwiering sie gerne nennt, jedoch etliche Projekte begründet. Ziel ist immer die Fortbildung junger Menschen. Fast immer kommen sie mit älteren in Kontakt. Der jüngste Clou: eine Arbeitsgemeinschaft der Konzer Realschule plus, die das örtliche Seniorenhaus zur Buche einmal wöchentlich besucht, um Zeit mit den Hausgästen zu verbringen.

Für Wojanowski und seine Kolleginnen sind es nicht die Urkunden der Stiftung oder die jährlichen Ausflüge, die sie motivieren: "Wir schaffen es, Kinder aufs Gymnasium zu bringen, die es ohne uns vielleicht nicht schaffen würden", sagt er. Nach einer konzentrierten Stunde sind die Paten wieder weg. Extra

Die Konzer-Doktor-Bürgerstiftung wurde 2008 gegründet. In der Stiftung sind 79 Stifter aktiv. Das Stiftungskapital beträgt 265 000 Euro. Die Stiftung ist in elf Schulen tätig, darunter neun Grundschulen, die Realschule plus sowie das Gymnasium Konz. Für ihre Arbeit wurde die Stiftung mehrfach ausgezeichnet: 2009 mit dem Hilfe-für-Helfer-Preis der Deutschen Bank. 2010 belegte die Stiftung den zweiten Platz beim Ehrenamtspreis des Landes Rheinland-Pfalz, und 2013 folgte die Auszeichnung mit dem Bürgerstiftungspreis der nationalen Stadtentwicklungspolitik. cmk

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