Mit Herz und Stern

Sheriff Harry lebt nach seinen eigenen Gesetzen. Eine selbst gezimmerte Hütte ist sein Zuhause, ans Hemd hat er sich einen Sheriffstern geheftet.

 Die Brücke in Harrys Welt: Das Tal kaufte der Sheriff 1968 von einem Bauern und baute einen kleinen Stall aus in eine ganze Ranch. Das alles ist heute nichts weniger als sein Wohnzimmer.

Die Brücke in Harrys Welt: Das Tal kaufte der Sheriff 1968 von einem Bauern und baute einen kleinen Stall aus in eine ganze Ranch. Das alles ist heute nichts weniger als sein Wohnzimmer.

Foto: (g_pol3 )

Auch wenn er allein im Eifelwald lebt, ist er niemals einsam. Harry Gropmann. Wären wir doch alle ein bisschen wie er. In seiner Hütte fällt dem 86-Jährigen, dem das Leben die ein oder andere Furche ins Gesicht gezeichnet hat, ein Foto aus jüngeren Tagen in die Hände, und er sagt: "Heute seh ich aber besser aus."

Vor Jahrzehnten hat er sich den goldenen Sheriffstern ans Hemd geheftet. In Texas war er nie. Seine selbst gebaute "Rodeo-Ranch" steht mitten im Eifelwald. Was andere "das Paradies" nennen, ist für ihn zu seinem Zuhause geworden.

Beim Erzählen beginnt Harry seine Sätze gerne mit den Worten: "Wenn du so lebst wie ich hier, dann …" Ja, Harry? "Kannst du nicht im schwarzen Anzug rumrennen." Aber wie ein Cowboy: in verwaschenen Jeans und kariertem Hemd.

In die Eifel gebracht hat ihn, sagt er, "das Schicksal". Und das ist gut so: "Sonst hätte ich dieses schöne Fleckchen Erde nie gesehen." Dabei hatte Harry gut zu tun als selbstständiger Schreinermeister, als seine Frau Sybille an einem Lungenemphysem erkrankte. "Raus aus Köln oder deine Frau stirbt, hat der Arzt gesagt", erzählt Harry. "Da machste nix." Eine Entscheidung, die ihr das Leben rettet: Die bessere Luft schenkt Sybille noch 30 gute Jahre.

Das Tal zwischen Niederehe und Kerpen kauft Harry 1968, errichtet Hütte und Stall - und bringt Leben in die Bude: "Ich hab mir Hengst und Stute geholt, sieben Pferde sind hier geboren." Je mehr Harry sich der Natur und ihren Geschöpfen, die er so sehr liebt, zuwendet, desto mehr Menschen scheinen auch zu Harry zu kommen - und die liebt er genauso: Besucher, ja ganze Familien sind ihm willkommen, und auch die Medien zieht es zu ihm. Allein ist er irgendwie nie.

Doch was viele nicht wissen: Harry, der heute stolz den Sheriffstern trägt, bekam mit 13 Jahren etwas anderes: das silberne Verwundetenabzeichen. Er zeigt uns seine Hände: "Das ist nicht das Alter. Die sind verbrannt. Ich hab mitten in einer Leuchtbombenexplosion gestanden." In Stettin geboren, ist er mit 15 Jahren dann Soldat geworden. "Und kam also mit einem Abzeichen an, das nicht mal der Kommandant hatte", sagt er und grinst.

Das ist aber noch nicht alles. Menschenschmuggler war Harry auch, hat Leute aus dem besetzten Polen herausgebracht. "Da ist einer nachts hintenrum geschlichen, das war ich", erzählt er. Und grinst noch mehr. Dann wird er an der Grenze geschnappt, kommt ins Gefängnis - und flüchtet.

Aus der Eifel aber will er nicht mehr weg: "Ich bin zufrieden hier und bei bester Gesundheit. Ich bin ja auch immer an der frischen Luft." Und er muss sich um die verbliebenen Tiere kümmern: Neben seinen Katzen hat er auch immer noch zwei Pferde, auch wenn er nicht mehr auf deren Rücken steigt. Die kommen wiehernd an, sobald er einen Fuß auf die Koppel setzt. Seine Zähne, erzählt er uns, hat er nicht im Krieg verloren, sondern wegen eines zu wilden Vierbeiners.

"Wenn du so lebst wie ich, dann musst du Ideen haben." Ideen: Für eine kleine Solar-Anlage, die ihm Strom liefert, eine Spezial-Antenne, die sein Mobiltelefon mit Netz versorgt, und einen Filter, der unter anderem auch eine Außendusche mit Wasser speist. "Da hab ich nur ein Problem im Winter", sagt uns Harry. "Ich muss mich beim Duschen warm anziehen." Kein Witz ist dagegen: die selbst gebastelte Sauna, "die funktioniert mit Holzkohle". Was wir ihm auch gerne glauben: die "Damentoilette", die er extra auf dem Gelände errichtet hat. Denn: "Ich hab viel mit Frauen zu tun." Und die, sagt er, "hocken sich nicht gern einfach irgendwo hin".

Wenn man so lebt wie Harry, dann "musst du Freunde haben." 2001, zum Beispiel, ein schweres Jahr für Harry, in dem erst seine Frau stirbt und dann der Pferdestall brennt und neu aufgebaut werden muss. Aber auch sonst. Bei der Wäsche hilft ihm auch schon mal Tochter Christiane mit Enkel Andreas. Nur der Winter ist manchmal hart, sagt Harry.

Aber er sei eben ein Abenteuertyp. Und überhaupt: "Ich bin Optimist, ich bin Realist und immer gut drauf." Er klopft sich mit der Hand in Herzhöhe auf die Brust: "Es liegt beim Menschen selbst, ob er gut oder schlecht ist." Ja, ein bisschen sein wie Harry. Geht auch ohne Stern.Extra

 Die Brücke in Harrys Welt: Das Tal kaufte der Sheriff 1968 von einem Bauern und baute einen kleinen Stall aus in eine ganze Ranch. Das alles ist heute nichts weniger als sein Wohnzimmer.

Die Brücke in Harrys Welt: Das Tal kaufte der Sheriff 1968 von einem Bauern und baute einen kleinen Stall aus in eine ganze Ranch. Das alles ist heute nichts weniger als sein Wohnzimmer.

Foto: (g_wissen

"Bleib so, wie du bist", schreiben die Menschen in Harrys Gästebuch. Er hat nämlich eine Internetseite, und wer will, hinterlässt dort einen Gruß für ihn. Auf www.rodeo-ranch.de lässt Harry seine Freunde aus aller Welt außerdem wissen, was bei ihm so alles passiert. Und schreibt, dass er sich über jeden Eintrag freue: "Versprochen!" eib

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