Intoleranz, Rassenhass und ein Unfall

BERNKASTEL-KUES. "Und was würdest du in dieser Situation tun?" Diese Frage wirft der Film "L.A. Crash" von Produzent Paul Haggis immer wieder indirekt auf – eine Filmkritik.

Das multikulturelle Spektrum der Filmfiguren umfasst weiße, hispanische, asiatische, arabische und afroamerikanische Personen, die sich größtenteils gegenseitig verachten oder zumindest misstrauen. Ausgangspunkt für die Begegnungen, die von Rassenvorurteilen und Intoleranz bestimmt sind, bildet ein Massenunfall. Indirekt oder direkt darin verwickelt sind: eine Asiatin, zwei junge Schwarze, die das Auto eines Bezirksstaatsanwalts geklaut haben, ein junger Latino-Vater, den ein iranischer Ladenbesitzer für die Verwüstung seines Ladens verantwortlich macht, der rassistische Cop Ryan, sein Partner, das Greenhorn Tom, und das schwarze Ehepaar, das sie zuvor gedemütigt haben. Alle treffen sich im Film irgendwann wieder. Dieser Episodenfilm ist wie ein Puzzle aufgebaut. Immer mehr Teile kommen hinzu und komplettieren dieses am Ende. Aus diesem Grund hat der Zuschauer das Gefühl, immer weiter in das Geschehen hineingezogen zu werden. Erst am Ende sieht und erkennt er die Zusammenhänge des ganzen Filmes. Was so zynisch, kritisch und hart beginnt, endet leider mit einer kitschigen Musik und einem viel zu gerechten und versöhnlichen Ende. Lässt man aber dieses außer Acht, hat man ein Meisterwerk eines Episodenfilmes vor sich. Denn "L.A. Crash" nimmt alle Gesellschaftsschichten und Rassenvorurteile schonungslos unter die Lupe und beleuchtet sie von allen Seiten. Aber überdies bietet er auch überraschende Wendungen. In Los Angeles ist nichts, wie es scheint. Täter sind nicht nur Täter, sondern wandeln sich auch zu Opfern und umgekehrt. Besonders gut zeigt sich dieses an dem Charakter von Ryan: einerseits ist er ein rassistischer Cop, der seine Machtposition gerne zur Diskriminierung ausnutzt, er pflegt aber auch liebevoll seinen kranken Vater und rettet das Leben der Frau, die er tags zuvor noch sexuell belästigt hat. Auch aus diesem Grund halten die Figuren selten, was ihr erster Auftritt verspricht, und Haggis spielt dabei mit den Vorurteilen der Zuschauer, welche danach nie sicher sind, was sie jetzt von diesem Charakter halten sollen. Er zeigt dem Zuschauer, dass es egal ist, welche Hautfarbe, Herkunft, Kultur oder persönliche Geschichte die Menschen haben, sie werden immer den Vorurteilen anderer ausgesetzt sein. Genau dieses "tolerante" und "freie" Amerika präsentiert sich in diesem Film, nämlich wie es wirklich ist, bekanntermaßen ist es nichts von alledem, was uns Traumfabriken und natürlich Amerika selbst versuchen vorzumachen. Am Ende ist noch anzumerken, dass dieser Film auf keinen Fall Popkornkino ist, sondern eher schwere Kost. Er präsentiert sich zwar an manchen Stellen kitschig und klischeehaft, doch er ist unbedingt sehenswert. Nicht zuletzt durch sein exzellentes Staraufgebot (wie Sandra Bullock, Brendan Fraser, Matt Dillon, Don Cheadle und Ryan Phillipe) wirkt dieser Film so überzeugend. Im Laufe der Woche "Lernort Kino" kam auch die Klasse HBFW04b der Berufsschule Bernkastel-Kues in den Genuss: Wir entschieden uns für "L.A. Crash" und haben es nicht bereut. Karoline Krämer, Klasse HBFW 04b der Berufsbildenden Schule Bernkastel-Kues

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