Das Suchtmännchen zum Schlafen bringen

Trier · Mit 16 genippt, mit 35 regelmäßig getrunken, seit 20 Jahren trocken: Heiner D. (Name geändert) war Alkoholiker. Mit Hilfe einer Trierer Kreuzbund-Gruppe hat er seine Sucht besiegt. TV-Leser können mithelfen, damit noch mehr Menschen den Ausstieg schaffen.

 Nachgestellte Szene bei Nacht: Ein Alkodealer verkauft einem jungen Mann eine Flasche Wodka. Der Kreuzbund Trier bittet um Spenden, damit mehr Menschen den Ausstieg aus der Alkoholsucht schaffen. TV-Foto: Friedemann Vetter

Nachgestellte Szene bei Nacht: Ein Alkodealer verkauft einem jungen Mann eine Flasche Wodka. Der Kreuzbund Trier bittet um Spenden, damit mehr Menschen den Ausstieg aus der Alkoholsucht schaffen. TV-Foto: Friedemann Vetter

Trier. An einem Januarmorgen hatte Heiner D. entschieden, sein Leben zu verändern. Statt wie jeden Morgen bereits zum Frühstück einen Schnaps runterzukippen und sich neue Verstecke für Bierkästen und Hochprozentiges auszudenken, ging der Ingenieur an diesem Tag mit einem Kollegen zur Kreuzbundgruppe. "Es war der 22. Januar 1994, dieses Datum vergesse ich nie", sagt er.
Der Arbeitgeber hatte seinen Beschäftigten vor die Wahl zwischen Kreuzbund und Kündigung gestellt. Zur gleichen Zeit hatte Heiner D.s Frau gedroht, auszuziehen. Die Furcht, Frau und Kinder zu verlieren, habe ihn dann angetrieben, mit dem Kollegen eine Selbsthilfegruppe aufzusuchen, sagt der heute 67-Jährige. "Gut war, dass wir gemeinsam dorthin gehen konnten: In der Gruppe saßen 30 Leute", sagt der ehemalige Trinker. "Da steht man nicht so im Fokus."
Heiner D. war zu dieser Zeit längst an einem Punkt angelangt, an dem er sich morgens vor seinem eigenen Spiegelbild ekelte, wie er sagt. In ein aufgequollenes, stets übermüdetes Gesicht habe er Morgen für Morgen geschaut. " Noch schlimmer war, dass meine Kinder mir Alkoholnase, wie sie mich nannten, aus dem Weg gingen", sagt Heiner D. Er fing an berufliche Termine zu vergessen. Schleichend sei er in die Sucht reingerutscht: "Mit 16 habe ich das erste Mal beim Frühschoppen mit dem Vater ein Bier getrunken", erzählt er. Während des Studiums habe er zwar hin und wieder auf Feten was getrunken, "aber gemäßigt". Erst mit seinem Umzug aus der Großstadt nach Trier und der neuen Arbeitsstelle habe er angefangen, mehr zu trinken. Immer öfter mit Kollegen, auf privaten Feten, auf Dorffesten. Und irgendwann habe er es nicht mehr geschafft, Stopp zu sagen. "Aus zwei Bier wurden zehn, dann kam die Gier nach harten Sachen", sagt Heiner D. Mittlerweile auch, um aufsteigende Angstgefühle zu betäubend. Der Tag, an dem er seinem Leben eine neue Richtung gab, liegt fast 20 Jahre zurück.
Zur Gruppe geht er immer noch: Zum einen, damit sein Suchtmännchen, wie er das Verlangen nach Bier und Hochprozentigem nennt, am Schlafen gehalten wird, und zum anderen, um seine Erfahrungen weiterzugeben und andere auf dem Weg aus der Sucht zu begleiten. Der 188 Mitglieder zählende Verein Kreuzbund Trier bietet Hilfe zur Selbsthilfe für suchtkranke Menschen und ihre Angehörigen an. Zurzeit treffen sich wöchentlich 16 Gruppen mit dem Ziel, eine "zufriedene Abstinenz" zu erreichen. Der älteste Betroffene ist 82, der Jüngste 22, die Süchte reichen von der Alkohol- bis zur Medikamentensucht. Ob Beratung, Seminare oder Veranstaltungen, sie werden ausschließlich von ehrenamtlichen Selbstbetroffenen organisiert und geleitet. TV-Leser können die Arbeit des Trierer Kreuzbundes unter der Projektnummer 10954 mit einer Spende unterstützen. Heiner D. sagt: "Ich bin heute ein anderer Mensch, alles ist schöner." Als Alkoholiker seien seine Sinne abgestumpft gewesen. Seine Frau ist geblieben. Sie unterstützt ihn auch heute noch, etwa, indem sie ohne Alkohol kocht. Auch der Hausarzt weiß von Heiner D.s einstiger Vergangenheit. Medikamente mit Alkohol sind tabu. "An den Enkelkindern habe ich erst gemerkt, was Kinder sind", sagt er traurig. Seine längst erwachsenen Kinder hätten nicht wirklich einen Vater gehabt. Erst seitdem er sein Suchtmännchen zum Schlafen gebracht habe.Extra

Per Banküberweisung an "Meine Hilfe zählt". Konto 220012 bei der Sparkasse Trier (BLZ 58550130) oder Konto 191919 bei der Volksbank Trier (BLZ 58560103). Im Verwendungszweck bitte immer die vier- oder fünfstellige Projektnummer angeben, damit die Spende auch dem gewünschten Zweck zufließen kann. Spenden ohne Projektangabe fließen in einen gemeinsamen Topf, der unter allen Initiativen verteilt wird. Falls eine Veröffentlichung des Spendernamens im TV gewünscht wird, bitte ein "X" auf dem Überweisungsformular eintragen. Bis zu einer Summe von 200 Euro wird der Einzahlungsbeleg als Spendenquittung anerkannt. Ist eine separate Quittung erwünscht, bitte Adresse angeben. Hat ein Projekt bereits vor Buchung der Spende das Spendenziel erreicht, kommt der Betrag anderen Projekten zugute. Online: Unter volksfreund.de/meinehilfe Projekt auswählen, Spendenbutton anklicken, abgefragte Daten eingeben. Jede Spende wird zu 100 Prozent weitergeleitet, der Trierische Volksfreund trägt die kompletten Transferkosten. DiLExtra

Betroffene können sich per E-Mail unter info@kreuzbund-trier.de und unter Telefon 0651/309354 an den Kreuzbund Trier wenden. Freitags trifft sich ab 19.30 Uhr die Infogruppe in der Schöndorferstraße 58 in Trier. kat

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