Unterstützung im zermürbenden Alltag

Trier/Daun · Eltern autistischer Kinder sind häufig weit über ihre Kräfte hin-aus gefordert. Sie meistern extreme Alltagssituationen, sind meist rund um die Uhr im Einsatz und müssen zudem ihrem Umfeld die Krankheit oft erst vermitteln. Fachlich betreute Elternkreise könnten helfen, aber niemand ist für die Finanzierung zuständig.

 Ein Bälle-Bad gibt es im Autismus-Zentrum Daun, aber eine Therapieschaukel steht noch auf der Wunschliste.

Ein Bälle-Bad gibt es im Autismus-Zentrum Daun, aber eine Therapieschaukel steht noch auf der Wunschliste.

Foto: AZD

Trier/Daun. Jeder Mensch ist ein Individualist. Der eine mehr, der andere weniger. Menschen, die an Autismus leiden, sind extreme Individualisten. In den gravierendsten Fällen so extrem, dass ihre Wahrnehmung der Umwelt massiv gestört ist. In "leichteren" Fällen aber wiederum so, dass der Übergang zwischen Krankheit und bloß schrulliger Verhaltensweise selbst für Experten kaum zu definieren ist.
"Jede Beratung, jede Förderung muss exakt auf den Einzelfall abgestimmt werden", sagt die Psychologin Irina Matscheck-Marx vom Autismus-Zentrum Trier (ATZ). Dabei komme es auf ein gutes Netzwerk von Eltern, Betreuern, Kitas und Schulen an.
Die schwierigste Rolle übernehmen dabei die Eltern. Wer ein Kind hat, dessen Behinderung man sieht, kann im Normalfall mit dem Verständnis seiner Mitmenschen rechnen. Aber wenn sich das Problem im Kopf abspielt und die Betroffenen in manchen Bereichen sogar besonders begabt und kompetent erscheinen, wird es schwierig.
Am stärksten ausgeprägt sind solche Phänomene beim "frühkindlichen Autismus", der sich schon im ersten Lebensjahr bemerkbar macht und meist unheilbar ist. Kaum Kontaktaufnahme mit der Umwelt, fehlende oder verzögerte Sprach-Entwicklung, stereotype Verhaltensweisen auf der einen Seite. Auf der anderen: hohe Intelligenz, außerordentliches Gedächtnis, Insel-Begabungen. So entsteht eine Berg- und Talbahn für Eltern. Ein Kind, das kniffligste handwerkliche Aufgaben im Handumdrehen löst, aber nie lernt, die Schuhe zu binden oder eine Jacke zuzuknöpfen. Auch nicht mit 30 oder 50.
"Oft übersteht die Familie diese Belastungen nicht", erzählt Brigitte Pfeiffer-Jung vom Verein Autismus Mosel-Eifel-Hunsrück, der die Zentren in Trier und seit kurzem auch in Daun betreibt. Meist sind es die Mütter, die als Alleinerziehende die lebenslange Betreuung übernehmen. Und die ist mörderisch anstrengend, akzeptieren doch die Kranken oft nur eine einzige Bezugsperson.
In den letzten Jahren ist eine "leichtere" Form von Autismus, das Asperger-Syndrom, stärker in den Vordergrund getreten. Hier ist die Behinderung nicht so stark, dass sie eine Teilnahme am "normalen Leben" gänzlich unmöglich macht. Allerdings wird sie oft - ähnlich wie bei ADS - nicht als Krankheit wahrgenommen, sondern als sozial inadäquates Verhalten. Da heißt es für Eltern, darum zu kämpfen, dass die Betroffenen einerseits als Kranke anerkannt, andererseits aber deshalb nicht abgestempelt oder aussortiert werden. Oft ein zermürbender Kampf.
Elternkreise, die sich regelmäßig unter fachlicher Betreuung treffen würden, könnten helfen, die Familien zu stabilisieren, Perspektiven zu eröffnen und die Belastungen erträglicher zu machen. "Das ist mehr als ein Kaffeekränzchen", betont Brigitte Pfeiffer-Jung, "deshalb geht es ohne Moderation nicht". Aber wie so oft: Um die Krankheit kümmern sich alle, für das Umfeld ist niemand zuständig. 3600 Euro würde es kosten, in Trier und Daun je einen längerfristigen betreuten Elternkreis für frühkindlichen oder Asperger-Autismus einzurichten. Der Verein ist komplett auf Spenden angewiesen. Das Gleiche gilt für die Gründung eines Wohnprojektes für Autismus-Kranke. "Es gibt zu wenig Übergangslösungen", sagt Therapeutin Matscheck-Marx. Heime tun sich schwer mit der Aufnahme der im Umgang oft komplizierten Autisten. Am Ende stehen die Eltern wieder allein.
1800 Euro würde die professionelle Erarbeitung eines Konzepts für ein Wohnprojekt kosten - auch das kann der kleine Verein aus eigenen Mitteln nicht aufbringen. Für die neue Außenstelle in Daun gibt es einen weiteren Herzenswunsch: eine Therapieschaukel. Sie würde rund 3000 Euro kosten und ist als separates Projekt, unterstützt vom Lions-club Mittelmosel, ausgewiesen.

ProjektElternkreise/Wohnprojekt:Nr. 8057.

ProjektTherapieschaukel Daun:Nr. 8117.
volksfreund.de/meinehilfe
Extra

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